Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Wenn ich morgens um fünf mit dem Hund rausgehe, ist es noch stockdunkel. Dann mit der Stirnlampe im Wald unterwegs zu sein, ist manchmal schon etwas gruselig. Der Schein der Lampe leuchtet ab und zu in Augenpaare. Ich kann dann erahnen, dass ein Reh, ein Kaninchen oder ein Marder neben dem Weg wartet.
Grad vor kurzem hat mich so ein Augenpaar von mitten auf dem Weg angeschaut. Da waren die Augen aber zu weit auseinander für ein Reh und viel zu weit überm Boden. Mit dem Hund an der Leine bin ich den Augen behutsam, Schritt für Schritt entgegen gegangen.
Es war ein junges Pferd. Anscheinend ist es irgendwie von der Koppel abgehauen und hat nun verzweifelt den Weg zurück zur Herde gesucht. Nur… im Dunkeln eben nicht gefunden. Anscheinend war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Ich bin nämlich ein Pferdemädchen. Beherzt hab ich also dem Ausreißer die Hundeleine um den Hals gelegt, um ihn so ein Stück näher zur Koppel zu führen. Kaum kam dort die Herde angelaufen, zog das Jungpferd die Handbremse und ging keinen Schritt mehr weiter.
Man kennt sich ja auf’m Dorf – und so hab ich den Reiterhofbesitzer angerufen. Morgens um 5 Uhr 30. Ohne Erfolg. Keiner ging ran. Also musste ich tatsächlich doch noch die Polizei alarmieren.
Da stand ich nun mit meiner Stirnlampe und Pferd und Hund an der Leine, in der Dunkelheit, in der es jetzt auch noch zu regnen begann. So hatte ich mir meinen Start in den Tag nicht vorgestellt. Aber es war wirklich Glück, dass ich genau da war.
Das fanden auch die dann doch noch eintreffenden Reiterhofbesitzer und die angerückten Polizeibeamten. Wir alle waren uns einig: das hier hätte ganz anders ausgehen können. In der Nähe ist nämlich eine Bundesstraße. Hätte das Pferd sich vor irgendwas erschreckt – wer weiß, was alles hätte passieren können.
Tja. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort eben.
Das passiert mir genau betrachtet ziemlich oft. Egal ob privat oder beruflich. Manchmal ist es, als ob ich ganz bestimmte Leute genau zu diesem bestimmten Zeitpunkt treffen soll. Mal brauchen Sie meine Hilfe, meinen Rat. Mal sind es Begegnungen, die mein Leben bereichern. Zufällig genau dann, wenn ich sie am nötigsten brauche.
Ich finde ja, da ist ein Muster erkennbar.
Denn ich bin nicht die einzige, der es so geht. Bestimmt kennen Sie sowas auch.
Und von solchen Situationen gibt es auch einige in der Bibel. Eine davon handelt von Jona. Gott hatte ihm einen Auftrag gegeben, zu Menschen in der Stadt Ninive zu gehen und ihnen gut zuzureden, damit sie wieder an Gott glauben.
Jona hatte aber solche Angst vor diesem Auftrag, dass er versuchte, weg zu laufen. Er kaufte sich ein Ticket für eine Überfahrt mit einem Schiff. Das Schiff ging unter und Jona wurde von einem Wal verschluckt. Dann, drei Tage später, spuckte ihn der Wal genau an der Küste von Ninive aus.
Jona kam um diesen Auftrag nicht drum herum, weil Gott genau ihn genau zu dieser Zeit genau an diesem Ort gebraucht hat.
Da muss ich sagen, ich bin froh, dass ich um so einen Wal drumherum komme.
Mir ist es deutlich lieber morgens um fünf zufällig auf ein Pferd zu stoßen, das Hilfe braucht.
Es ist eben so: manchmal sind wir einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Weil Gott uns genau da grade braucht.