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Zu meinem Gedächtnis

Dies hier ist der Abendmahlskelch aus meiner Gemeinde in Dillingen. Es fehlt zwar der Wein, aber leer ist der Kelch deswegen nicht. Er steckt voller Erinnerungen. Wenn man so will, dann füllen ihn mehr als 100 Jahre Leben der Gemeinde.

 

Aus diesem Kelch haben Hüttenarbeiter getrunken, zusammen mit ihren Direktoren. Krankenschwestern hielten ihn in der Hand, und reichten ihn weiter an ihre Patienten. Um diesen Kelch haben sich zerstrittene Familien versammelt – und Generationen von frisch Kon­firmierten. Wer weiß, vielleicht hat jemand das erste und das letzte Abendmahl seines Lebens aus diesem Kelch empfangen. An ihm kle­ben Erinnerungen und Hoffnungen – wie Fingerabdrücke des Lebens.

 

Heute ist Gründonnerstag. Heute Abend versammeln sich weltweit Christinnen und Christen um eine Schale mit Brot, einen Kelch mit Wein. Sie denken dabei an Jesus Christus, wie er das Brot teilte, den Wein reichte und sagte: „Erinnert euch an mich.“

 

Viel Phantasie braucht dieses Erinnern eigentlich nicht. Der letzte Abend Jesu erzählt von Erfahrungen, die Menschen immer wieder machen. Da kommen Freunde um einen großen Tisch zusammen. Sie genießen die Gemeinschaft. Der eine oder andere macht sich Hoffnung, mit Jesus könnte endlich mal jemand in den Lauf der Dinge eingreifen. Das Leben zum Besseren wenden.

 

Doch mit am Tisch sitzen auch Zweifel und dunkle Vorahnungen. Mit aus dem Kelch trinken die Freunde, die einschlafen, wenn es darauf ankommt. Mit aus der Schüssel isst auch der, der Jesus verleugnen wird und schließlich der, der ihn verraten wird.

Jesus vergibt ihnen allen, obwohl sie so sind, wie sie sind. Er bittet sie nur: „Erinnert euch auch daran, wenn ihr wieder zusammenkommt, um aus dem Kelch zu trinken.“

 

Ich habe den Kelch mitgebracht, weil er mich daran erinnert, dass Christen heute Abend in besonderer Weise Schwestern und Brüder sind. Verbunden in der Erinnerung an Fingerabdrücke des Lebens. Verbunden in der Hoffnung auf das Leben in Christus. Verbunden durch ein Stück Brot, einen Schluck Wein. Verbunden mit den Ge­schwistern, für die ein Gang zur Kirche tödlich endete, so wie am vergangenen Sonntag in Tanta und Alexandria in Ägypten.

Verbunden im Vertrauen darauf, dass der Tod nicht das letzte Wort hat.