Zähne-Fußspuren

Mein Kind ist dreieinhalb und lernt gerade jeden Tag viele viele neue Wörter. Er übt fleißig Sätze bilden und versucht, neue Wörter zu finden. Gerade neulich hat er in ein Stück Apfel gebissen und dann ganz nachdenklich die Bissspuren angesehen. Es hat in seinem Kopf gerattert, aber er hat nicht das richtige Wort dafür gefunden, was er da gesehen hat. Schließlich sagt er: “Mama, guck mal: Zähne-Fußspuren!“
Ich musste zwar lachen über dieses Wort, aber ich fand es so klug! Ihm hat das Wort gefehlt, dass er gesucht hat. Stattdessen hat er Wörter benutzt, die er schon kannte, um zu beschreiben, was er sieht.
Von meiner Arbeit her kenne ich das ziemlich gut. Mir fehlen ganz oft die Worte für Dinge, über die ich erzählen will. Wenn ich bei Beerdigungen darüber spreche, dass die Menschen jetzt bei Gott im Himmel sind zum Beispiel. Mir fehlen die richtigen Wörter dafür. Wie es „wirklich“ ist, weiß ich einfach nicht – immerhin lebe ich noch! Ich mach’s dann einfach wie mein Kind. Beschreibe was ich mir vorstelle mit Worten, die ich kenne. Das klingt dann zum Beispiel so:
“Wenn ich an die Verstorbene denke, stelle ich mir vor, wie sie jetzt mit Gott im Himmel am Lagerfeuer sitzt und ein Feierabend Bier trinkt. So stell ich mir nämlich den Himmel vor – so wie im Leben, nur mit viel viel mehr Ruhe und Frieden.“