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Wovor sollte ich Angst haben?

Der Mann, der mir gegenübersitzt, erzählt aus seinem Leben. Von den Eltern, nicht viel Verständnis
für ihn hatten. Von der Lehre, die sie ihm aufgezwungen haben und dem anschließenden Auf und Ab.
Von der Zeit im Ausland, der Rückkehr nach Deutschland, dem beruflichen Neuanfang. Jetzt wechselt
er schon wieder die Stelle. Immer noch ist er allein, eine Familie zu gründen, hat sich nie ergeben.
Nein, sagt er, er bereut gar nichts. Nein, er ist niemandem böse. Nein, er würde es genauso noch
einmal machen.

Als ich ihn mir so angucke denke ich, dieser Mann ist mit sich im Reinen, mit all den Höhen und
Tiefen seines Lebens, mit all den Herausforderungen, Verletzungen, Freuden und Enttäuschungen.
Ich frage mich, woher diese Kraft kommt und bin dann fest davon überzeugt: Er muss ein tiefes
Gottvertrauen haben. Und als ob er Gedanken lesen kann, sagt er: „Wissen Sie, wir alle sind hier nur
auf der Durchreise. Wir alle haben hier unsere Aufgaben und unsere Herausforderungen. Wir alle
werden immer wieder von Gott ausgesandt um Gutes in die Welt zu bringen. Das ist nicht immer
leicht, aber die Aufgabe lohnt sich. Ich darf jetzt weiter gehen und dafür bin ich dankbar, wovor sollte
ich Angst haben?“

Ich bin zutiefst beeindruckt und berührt von dieser inneren Ruhe und von diesem starken Glauben.
Als ich selbst dann kurze Zeit später eine neue Arbeitsstelle mit zitternden Knien antrete, schreibt er
mir. Ich hatte ihm im Gespräch davon erzählt und halte nun eine Grußkarte mit einem Vers aus dem
Psalm 27 in den Händen: Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist meine Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?
Ja, denke ich, auch ich gehe meinen Weg nicht alleine, ich bin begleitet und behütet, wovor sollte ich
Angst haben?