Beiträge

Wildes Kraut

Meine Oma war eine richtige Kräuterhexe. Was andere in ihrem Garten als Unkraut auf den Kompost geworfen hätten, das hat sie vorsichtig ausgerupft und in ihren Korb gelegt. Denn irgendwas ließ sich immer damit machen. Aus Löwenzahn oder Gänseblümchen wurde Salat gemacht. Brennnesseln wurden zu Gemüse verkocht. Aus Johanniskrautblüten machte sie ein Öl, das die Wundheilung beschleunigte. Und Spitzwegerich wurde für Tee gegen Bauchschmerzen getrocknet. Ich fand das toll und habe so unheimlich viel über Heilkräuter und ihre Wirkung gelernt. Heute muss ich bei jedem Spaziergang irgendwann vom Weg abgehen, weil irgendein Kraut in der Wiese meine Aufmerksamkeit hat.

Jetzt steht das Erntedankfest vor der Tür. Evangelische Christen danken Gott für die vielen Gaben, die er ihnen beschert hat. Landwirte vor allem eben- wie der Name schon sagt- für die erfolgreiche Ernte. Das ist ja nicht selbstverständlich. Kann doch so vieles schiefgehen beim Anbau.

Und da komm ich wieder zu meinen Wildkräutern. Sie wachsen immer und überall. Keiner hat sie gepflanzt, keiner hat sie gegossen und ihnen den Boden gelockert. Oder etwa doch? Der Naturheilkundler Sebastian Kneipp hat gesagt: „Der liebe Gott hat so gut gesorgt und jeder Pflanze ihren Platz angewiesen, wo sie am besten gedeihen kann.“

Ich werde heute wieder spazieren gehen. Vermutlich auch wieder querfeldein. Und ob Johanniskraut, Kamille oder Spitzwegerich- ich werde an meine Oma denken, ernten und Danke sagen.