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Wasser des Lebens

Im Sommerurlaub an der Küste der holländischen Provinz Zeeland wurden meiner Frau und mir „Segen und Fluch“ des Wassers vor Augen geführt: die Schönheit des Meeres etwa und das Rauschen der Wellen am Strand, was wir genossen haben, u n d zugleich seine lebensvernichtende Kraft, die uns im Museum über die verheerende Sturmflut von 1953 begegnet ist. Vor 70 Jahren brach die schlimmste Flutkatastrophe des 20. Jahrhunderts über Holland und andere Nordsee-Anrainer herein.

In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar wurde die Bevölkerung damals im Schlaf von einer nie dagewesenen Sturmflut ohne ausreichende Vorwarnung überrascht. Dabei kamen alleine in Holland über 1.800 Menschen ums Leben, davon in Zeeland fast die Hälfte. Weite Teile des Landes waren vor allem durch große Deichbrüche überschwemmt, viele Menschen verletzt, unzählige Häuser zerstört worden. Riesige landwirtschaftliche Flächen waren auf Jahre hinaus nicht mehr nutzbar.

Wasser ist zunächst Ursprung allen Lebens in der Natur, unverzichtbar für deren Fortbestand. Wir in Europa haben trotz Klimawandel davon zum Glück noch genug, zum Trinken, zum Bewässern, zum Duschen und Waschen und als Freizeitvergnügen. Millionen von Menschen auf der Süd-Halbkugel bleibt das allerdings leider schon länger versagt. Sie leiden unter Dürre und dem Mangel an Trinkwasser, an unerträglicher Hitze und Trockenheit.

Auch die Bibel redet oft von der elementaren Erfahrung des Wassers als Quelle des Lebens, das Gott uns schenkt. Dafür steht etwa das reinigende und heilende Ritual der christlichen Taufe. Das Wasser wäscht die Verunreinigungen des bisherigen Lebens ab und schenkt uns einen neuen Anfang, neues Leben im Glauben.

Vom „Fluss des Lebens“, um im Bild zu bleiben, spricht zum Beispiel der Prophet Ezechiel in einer Vision. Er erlebt sie in einer furchtbaren Krisen- und Kriegssituation im babylonischen Exil. Ihm steht im übertragenen Sinne das Wasser bis zum Hals. Da führt Gott ihn ausgerechnet zum Tempel von Jerusalem, von dem er weiß, dass er zerstört ist. Unter seiner Türschwelle fließt ein breiter Strom Wasser heraus und ergießt sich bis ins Meer. Entlang des Ufers entsteht dabei fruchtbares Land mit Früchten ohne Ende und Bäume, deren Blätter nie verwelken. Die Früchte dienen als Speise und die Blätter als Arznei. Für Ezechiel steckt diese heilsame und tröstliche Vision voller Hoffnung auf ein neues Leben des Volkes Israel in seiner alten Heimat.

Es klingt fast paradiesisch, was der Prophet da beschreibt, nach Garten Eden. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass der Seher Johannes diese Vision für den endgültigen Zustand der gesamten Schöpfung in seine Offenbarung aufgenommen hat. Auch er sieht einen „Strom lebendigen Wassers“, auch er sieht „Bäume des Lebens“, die zwölfmal im Jahr Früchte tragen und deren Blätter, wie bei Ezechiel, Heilmittel sind. Und sie werden auch „zur Heilung der Völker“ helfen.

So bringt Gott nach Johannes seinen Bund mit Israel schließlich auch mit der übrigen Menschheit zu einem guten Ende, zur Vollendung: „Und wen da dürstet, der komme, und wer da will, der nehme vom Wasser des Lebens umsonst“. So sieht also meine Zukunft aus u n d die der ganzen Schöpfung – dafür verbürgt sich Gott. Das ist Hoffnung pur, die auch ich mir als Kraftquelle wünsche für meine Fahrt auf dem Fluss des Lebens, denn sie hat ihren Anfang und ihr Ende bei Gott.