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Was Therapie nicht kann

Ein Ehepaar kommt aus der Oper. Es hatte ein tragisches Stück von Puccini gegeben. Die beiden unterhalten sich über diese Oper und Opern generell – bis der Mann sagt: „Ich glaube, die meisten tragischen Entwicklungen in Opern könnte man vermeiden, wenn man eine vernünftige Therapie anbieten würde“.

Mal abgesehen davon, dass das eine absurde Vorstellung ist – und vielleicht gar nicht wünschenswert, weil es dann kaum noch Opern geben würde: Dieses ungebrochene Vertrauen in Therapien als Lösung für alles, was Menschen das Leben schwer macht, findet sich ja auch in anderen Lebensbereichen. In Amerika beispielsweise hat jeder, der beruflich vorwärtskommen will, einen Therapeuten – außer Donald Trump, aber der ist ja auch schon so weit „vorangekommen“, dass er längst die Grenze des Erträglichen überschritten hat.

Nein, Therapien wie auch Medikamente haben ihren sinnvollen Ort bei der Bewältigung begrenzter organischer oder seelischer Krisen. Aber sie sind keine Wunderheilmittel, sondern erfordern immer die entschlossene Mitarbeit dessen, der Heilung sucht. Therapien befreien uns nicht von Konflikten mit anderen, von persönlicher Unzulänglichkeit und Begrenztheit, bis hin zur unentrinnbaren Tatsache unserer Endlichkeit: Es gibt keine Therapie gegen den Tod.

Das anzunehmen ist kein Zeichen von Resignation, sondern von Demut. Und die wiederum hilft dabei, sich mit dem Menschsein an sich zu versöhnen. Also letztlich mit uns selbst.