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Vorrat für die Seele

Neulich im Bus: „Bei so einem Wetter wundert es niemanden, dass man sich erkältet…“, sagt eine ältere Dame im Bus. Und der Mann neben ihr ergänzt: „Ich bin froh, wenn endlich wieder Sommer ist. Im November ist alles so trübselig“.

Ich höre das Wort „trübselig“ und mir die Kindergeschichte von der Feldmaus Frederick ein. Alle Mäuse auf dem Feld treffen ihre Vorbereitungen für den Winter. Sammeln Körner, Stroh und Nüsse. Nur Frederick, der legt sich einen ganz anderen Vorrat an. Frederick sammelt Sonnenstrahlen, bunte Farben und Wörter. Die Winterzeit kommt und irgendwann sind die Essensvorräte der Mäuse aufgebraucht. Da packt Frederick seine besondere Sammlung aus. Er erzählt von den Sonnenstrahlen und die Mäuse spüren plötzlich Wärme auf ihrem Fell. Er erzählt von bunten Blumen und grünen Wiesen und die Mäuse sehen die schönen Bilder vor sich und fühlen sich wieder besser. Und dann bastelt er aus den gesammelten Wörtern die schönsten Gedichte und so vergeht die Zeit bis zum Frühling für die Mäuse wie im Flug.

Ich mag diese Geschichte so sehr, denn irgendwie sind wir alle ein bisschen Frederick. Wir alle haben so einen Vorrat für die Seele in uns. Erinnerungen an schöne Momente, die uns ein wärmendes Gefühl verschaffen, wie Sonnenstrahlen im Frühling. Oder Menschen, die Wörter genutzt haben, um uns vielleicht mal Trost oder mal Freude zu schenken.

„Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“ heißt es in einem Psalm. Gott lässt unsere Vorratskammer niemals leer werden. Und solche vermeintlich „trübseligen“ Novembertage wie heute, sind ein guter Zeitpunkt, um mal wieder was Gesundes aus der inneren Speisekammer zu holen.