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Vom Mut erzählen – David und Goliath heute

Mich macht die Nachricht von Vergiftungsfällen aus dem Iran fassungslos: Bisher ist bekannt, dass über 2400 Schülerinnen mit einem Gas vergiftet und krank gemacht wurden. Auffällig, es geschah bisher ausschließlich an Mädchenschulen. Der Verdacht liegt nahe, dass das Regime dahinter stecken könnte. Eine Regierung, die seit vielen Jahren gegen Menschen im eigenen Land vorgeht, wenn sie für Menschenrechte, Gleichberechtigung und Demokratie auf die Straße gehen. Für diesen Kampf musste die 23 Jahre junge Masha Amini im letzten September mit dem Leben bezahlen, nachdem sie von der Sittenpolizei verhaftet wurde – die Todesursache ist noch immer ungeklärt. Masha Amini wurde zur Symbolfigur der jüngsten Protestbewegung. Sie und die unzähligen anderen Opfer des Mullah-Regimes ermutigen Tausende, nicht in ihrem Protest nachzulassen. Auch wenn die Regierung weiter mit Verhaftungen, Folter, Todesstrafen reagiert – als mächtiger Goliath gegen den kleinen David.

Aber – die Proteste haben scheinbar Ängste bei den Machthabern ausgelöst. Wie sind sonst auf der einen Seite die kürzlich geschehene Freilassung von Tausenden Inhaftierten und auf der anderen Seite diese Giftanschläge auf Mädchen einzuordnen? Weil die Machthaber vielleicht ahnen, dass David am Ende gegen Goliath siegt. Es gibt Beispiele dafür: Eines an einer Mädchenschule: Als eine Schülerin ihr Kopftuch in der Klasse nicht vorschriftsmäßig trug, wollte die Lehrerein ihren Namen wissen, um sie und ihre Familie anzuzeigen. Sie antwortete: Ich heiße Masha Amini – und alle Mitschülerinnen standen auf und jede sagte: Auch ich bin Masha Amini. Die Lehrerin zeigte keine an. Von diesem Mut hat Gilda Sahebi erzählt. Sie stammt aus einer iranischen Familie und wurde in Deutschland geboren. Sie möchte, dass auch wir hier, in Deutschland, von diesen mutigen Frauen, Mädchen und auch Männern hören. Aus unserer deutschen Geschichte wissen wir, was ein Unrechtsregime an unfassbaren Verbrechen begeht – und auch nicht vor der eigenen Bevölkerung Halt macht, wenn Menschen nicht der politischen Linie entsprechen. So jährt sich in diesen Tagen der einzig nennenswerte zivile Protest gegen die Nazi-Diktatur zum 80. Mal: Der Frauenaufstand in der Rosenstraße im Frühjahr 1943. Hunderte sog. arische Frauen zogen in Berlin vor ein Sammellager, um gegen die drohende Deportation ihrer jüdischen Männer zu protestieren. Sie blieben tagelang, selbst als Gewehre auf sie gerichtet wurden. Es gelang ihnen, den Nazi-Machtapparat zu bezwingen und ihre Männer vor der Ermordung zu retten. David siegte gegen Goliath. Das wünsche ich allen, die gegen Unrecht und Gewalt kämpfen.

 

Der Link zur Mediathek: https://www.ardmediathek.de/video/aus-christlicher-sicht/aus-christlicher-sicht-09-03-2023/sr/Y3JpZDovL3NyLW9ubGluZS5kZS9BQ1NfMTI1NDE5