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Vermisste Kinder

Etwas Schlimmeres kann ich mir nicht vorstellen. Am 25. Mai 1979, heute vor 39 Jahren, verschwand der 6jährige Etan Patz in New York auf dem Weg zur Schule. Zum ersten Mal hatte er das kurze Stück von der elterlichen Wohnung bis zum Schulbus alleine laufen dürfen. In der Schule kam er niemals an. Etan blieb für immer verschwunden. Der 25. Mai wurde später zunächst in den USA, 2002 auch in Europa zum Gedenktag der vermissten Kinder ernannt.

60.000 Kinder und Jugendliche verschwinden in Deutschland jedes Jahr. Sechzigtausend! Die allermeisten, etwa 99%, tauchen wieder auf. Sie sind weggelaufen, weil sie es zu Hause nicht mehr ausgehalten haben, weil sie geschlagen wurden oder missbraucht oder weil sich niemand für sie interessiert hat. Sie sind ausgebüchst aus Angst vor der Schule, aus Liebeskummer oder aus purer Abenteuerlust.

Aber mehrere Hundert Kinder und Jugendliche kehren nie zurück. Sie bleiben verschollen, werden dauerhaft vermisst. Man kann nur spekulieren, was ihnen widerfahren ist: Entführt (oft ins Ausland) durch ein Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wurde; verunglückt beim Spielen oder im Verkehr; missbraucht und ermordet. Als Vater, Großvater und als Mensch bin ich sicher:
Etwas Schlimmeres kann es für Eltern nicht geben.

Trost? Ich weiß keinen. Und dass die Zeit Wunden wenn schon nicht heilt, so doch lindert, das kann ich vielleicht vorsichtig hoffen. Vollmundig sagen, darf man das nicht.

Es gibt Dinge, die kann man nur aushalten – wenn man es kann. Und hoffen, dass jemand da ist, der sie mit einem aushält.

Deshalb möchte ich  heute beten: Für die vermissten Kinder; für ihre Eltern und Familien: Herr, erbarme dich.