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Veganes Fasten

In einer der eisigen Nächte im Februar gab die Berliner Obdachlosenhilfe warme Speisen aus. Schließlich sollte niemand frieren. Ein älterer, etwas zerzauster Herr inspizierte das dampfend heiße Essen. „Eintopf mit Rind oder Senfeier?“ fragte ihn die Helferin hinter den Töpfen. „Das kann ich nicht essen!“ antwortete er. Und fügte auf ihren fragenden Blick hinzu: „Ich bin Veganer!“

Das habe ich in der Zeitung gelesen. Ich weiß nicht, wie es weitergegangen ist. Ich fantasiere. Sie könnte erwidert haben: „Da kann ick Ihnen ooch nich helfen! Der Nächste!“ Sie könnte ihn auch mitleidig angesehen haben, in ihrer Handtasche gekramt und ihm ein Geldstück in die Hand gedrückt haben mit den Worten: „Kaufen Se sich wat Vejanes im Supermarkt! Wir ham hier nischt für Sie.“  Wie gesagt, ich weiß es nicht.

Bei mir selbst regte sich bei der Lektüre dieser kleinen Szene zunächst mal das Gefühl: Der soll doch dankbar sein, dass er überhaupt was Heißes zu essen bekommt. In seiner Situation kann man sich ja wohl nicht leisten, wählerisch zu sein. Oder? Da muss er halt mal ein Auge zudrücken.  Aber beim zweiten Hinsehen kam dann sein Beweggrund in den Blick: „Veganer“ –  er will nicht, dass seinetwegen Tiere Schaden leiden oder beraubt werden. Da will er keine Ausnahmen zu seinem eigenen Vorteil machen. Lieber verzichten, aber sich selbst dafür treu sein. Das ist Fasten, das ich gut nachvollziehen kann.