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Unberechenbar

So, das haben wir also geschafft: den Übergang vom alten ins neue Jahr. Und haben sicher schon festgestellt, dass sich so viel gar nicht verändert hat. Wenn überhaupt. Der Terror in Istanbul in der Silvesternacht und dann in Bagdad hat gezeigt, dass diese menschenverachtende Gewalt genauso wenig an Jahresgrenzen Halt macht wie an Ländergrenzen. Der Streit um die Flüchtlinge – „Obergrenze“ oder nicht – geht weiter. Und auch Donald Trump wird vermutlich im Amt so weitermachen wie ohne Amt: unberechenbar.

Dabei sehnen sich ja viele nach Berechenbarkeit. Gerade im Blick auf die Zukunft. Und möchten gern wissen, was denn auf sie zukommt. Was sie, wenn sie’s vorher wüssten, vielleicht verhindern, zumindest aber kontrollieren könnten. Das Interesse von Menschen an Horoskopen nimmt weltweit zu – besonders zu Beginn eines neuen Jahres. Legt die Konstellation der Sterne fest, was aus uns wird?

Nein, das ist natürlich Aberglaube. Und solange man die Horoskope zur Unterhaltung liest, ist der völlig harmlos: (Kopfschütteln) auf was die Leute alles kommen! Gefährlich wird es aber, wenn ich davon wichtige Entscheidungen abhängig mache, die meine Partnerschaft oder mein Finanzverhalten betreffen. Die Sterne sagen mir dazu überhaupt nichts, und ich trage für solche Entscheidungen ganz allein die Verantwortung.

Morgen ist der 6. Januar. Der Tag, der an den Stern von Bethlehem erinnert. Und an die Astrologen, die nach der Bibel in diesem Stern die Botschaft entdeckten, dass da ein neuer König geboren sei. Aber man kann aus dieser Geschichte nicht die Überzeugung ableiten, dass die Sterne nicht lügen. Die Geschichte hat Bildcharakter, Symbolcharakter; sie ist so nicht passiert. Deshalb bietet sie keinen Beweis für den Glauben an die Sterne.

Aber dass Menschen sich nach Berechenbarkeit sehnen, nehme ich sehr ernst. Dahinter steht die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Getragenwerden. Der Theologe Karl Barth hat diese Sehnsucht so beantwortet: „Ja, die Welt ist dunkel. Aber lassen wir die Hoffnung nicht sinken. Für alle Menschen. Gott lässt uns nicht fallen. Keinen einzigen von uns und uns alle miteinander nicht!“