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Umkehr zum Leben

Anfang Mai habe ich in Saarbrücken auf einem Binnenschiff eine Ausstellung über „Meere und Ozeane“ besucht. Das Schiff, die MS Wissenschaft, ist noch bis Anfang Oktober in verschiedenen Städten unterwegs: eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. An 30 Stationen kann man sich an Bord über den Zustand des größten Lebensraumes unserer Erde, der Meere, informieren.

Station 9 hat mich besonders beeindruckt – und schockiert. Dort ging es um den Plastikmüll, der in den Meeren landet und sich aufgrund von Strömungen im Wesentlichen an fünf Orten ansammelt. Einige dieser sogenannten Plastikstrudel werden mit der Größe Nordamerikas verglichen. Da Plastikmüll kaum biologisch abgebaut werden kann, überdauert er Ewigkeiten in unseren Meeren. Wale, Krebse und andere Meerestiere verschlucken Müllteile oder ersticken daran. Zudem gelangen chemische Schadstoffe in den Nahrungskreislauf und kommen so ungewollt zu uns zurück. Plastik wurde unter anderem schon in Bier und Bienenhonig nachgewiesen – guten Appetit! Obwohl das Thema Nachhaltigkeit seit einigen Jahren in aller Munde ist, ist dies ein eklatantes Beispiel für das genaue Gegenteil. Wie kommen diese enormen Plastikmengen Jahr für Jahr ins Meer? Dafür müssten umgerechnet jeden Tag Kolonnen von LKWs Plastikmüll direkt ins Meer kippen. Die Wahrheit ist komplexer und wir alle – wirklich alle – sind daran beteiligt. Dazu zwei kurze Beispiele.

Erstens: Jedesmal, wenn Sie duschen, sich die Haare oder Hände waschen, gelangt ein Schwung mikroskopisch kleiner Plastikteile ins Abwasser. Diese setzt die Kosmetikindustrie im großen Stil ihren Produkten zu, obwohl dadurch weder die Reinigungskraft der Seife oder gar die Hautfreundlichkeit erhöht wird. Aber da Plastik billig ist, lässt sich so das Volumen erhöhen und mehr verdienen, vermute ich. Dieses Zeug wird von den Kläranlagen nicht aus dem Abwasser gefiltert und gelangt also über die Flüsse direkt ins Meer – für wahrscheinlich hunderte von Jahren.

Zweitens: Ich habe mir kürzlich beim Bäcker ein Teilchen zum Kaffee gekauft. Die Verkäuferin legte das Teilchen auf eine Pappschale, dann kam darüber eine dünne, durchsichtige Plastikfolie.  Zuhause habe ich diese Folie natürlich in den Müll geworfen. Dieses Plastik hatte eine Nutzungsdauer von ca. 13 Minuten, dann war es Müll.

Es wird höchste Zeit, dass wir diesen Wahnsinn beenden und anfangen, anders und das heißt: achtsamer zu leben. Christen haben dafür ein Wort: Umkehr! Christen müssen umkehren, ihr Verhalten ändern, wo sie erkennen: So kann es nicht mehr weitergehen. »Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen« (Ps 24,1) – so steht es in einem Psalm der Bibel. Der Psalmbeter bekennt damit, dass Gott diese Welt mit allem, was in ihr lebt, geschaffen hat. Ganz automatisch führt dieses Bekenntnis beim Psalmbeter zu einer demütigen und dankbaren Haltung. „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, damit der König der Ehre einziehe“ heißt es im weiteren Verlauf des Psalms mit Blick auf Gott.

Wer sich selbst als einen Teil dessen ansieht, was Gott alles geschaffen hat, der kann aus diesem Glauben heraus die Verantwortung dafür spüren, diese Welt als einen Lebensraum zu erhalten. Und dazu gehört dann unter anderem, die Meere nicht zu Deponie für Plastikmüll zu machen. Auch, wenn man dafür das eigene Verhalten ändern muss. Ich weiß, dass manchmal nichts so schwer scheint, wie genau das – und das gilt auch und besonders für das Konsumverhalten. Aber das ist die vielleicht wichtigste Stellschraube, an der wir alle als Konsumenten drehen können. Die Erfahrung zeigt, dass die Industrie reagiert, wenn Kunden Plastikverpackung ablehnen und gezielt nach plastikfreien Produkten fragen. Plastik vielleicht nicht vollständig, aber weitgehend aus meinem Leben zu verbannen, soll in diesem Jahr mein Beitrag sein für meine persönliche Umkehr zum Leben. Vielleicht sind Sie ja auch dabei!?