Beiträge

Tag des Baumes

Er fiel im frühen Morgenrot.

Nein, hier ist, Gott sei Dank, nicht von einem Soldaten die Rede, sondern von einem Baum. Alexandra hat das 1968 gesungen. Mein Freund, der Baum, ist tot, er fiel im frühen Morgenrot.

Heute, am Tag des Baumes, habe ich diesen alten Hit wieder einmal im Ohr.

Mein Freund der Baum ist tot – dieses Chanson ist eigentlich ein religiöses Lied. Man bräuchte nur den Baum durch Christus zu ersetzen, dann könnte man das sonntagmorgens in der Kirche singen. Für jede der Liedzeilen könnte ich eine Bibelstelle nennen: Alexandra singt, dass sie dem Baum alles sagen und mit allen Sorgen zu ihm kommen konnte; sich von ihm verstanden und getröstet und bei ihm geborgen wusste. Dann wird das Sterben des Baumes besungen, wie der Tod Christi am Kreuz. Es folgt die Trauer der verzweifelten Jüngerin: Wer wird mir nun die Ruhe geben? Und schließlich: Vielleicht wird es ein Wunder geben … und er erwacht zu neuem Leben. Österliche Hoffnung. Na, Gott sei Dank.

Mein Freund der Baum – als Kind habe ich dieses Lied geliebt. Heute ist mir klar, das Lied ist reine Naturreligion. Diese religiöse Überhöhung der Natur findet sich mehr oder weniger deutlich in allen Debatten um Naturschutz und Ökologie. Und tut ihnen nicht gut. Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin ein großer Naturfreund und ziemlich öko. Und doch: Ein Baum ist ein Baum. Ein Teil der Schöpfung. Und Gott ist Gott. Er ist der Schöpfer. Ich bete zum Schöpfer, nicht zur Schöpfung. Der angemessene Umgang mit der Natur ist nicht Anbetung, sondern verantwortliches und vernünftiges Handeln.

Deshalb werde ich auch heute, am Tag des Baumes, wie an vielen anderen Tagen noch ein wenig Holz hacken. Damit meine Familie und ich im nächsten Winter nicht frieren müssen.