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Stühle in die Reihe rücken

Aufgebracht erzählt mir die junge Frau: „Do hann ich meina Tante mo misse die Stiihl in die Reih rigge“. Die Frau lässt Dampf ab. Sie fühlt sich von ihrer Familie zu sehr in Anspruch genommen. Sie wird nicht mehr gesehen: „Das geht so nicht mehr weiter. Gern sorge ich für die älter werdenden Eltern. Aber ich kann nicht für alle auf einmal da sein, nur weil ich eben in der Nähe wohne. Ich schaffe das einfach nicht. Awwa die Stiihl han ich grad geriggt!“

Was für ein Bild der Entschlossenheit in dieser Redewendung! So deutlich verschafft es Luft zum Atmen: jemandem die Stihl in die Reih rigge – das kann helfen. Ich kannte diese saarländische Redewendung noch gar nicht, aber ich verstehe: die junge Frau macht sich Luft-Luft zum Atmen! Sie verschafft sich Recht und stellt Klarheit in der Familie her: „die Stihl han ich grad geriggt.“ Sie ist ja gern für andere da, aber sie möchte auch gesehen werden – in ihren Möglichkeiten und Grenzen!

Anderen die Stühle in die Reihe rücken, das konnte Jesus auch. Und er musste es oft tun: für Klarheit sorgen. Oft rückte er die Stühle gerade, auch wenn manche ihn dann immer noch nicht verstanden.

Ich denke daran, wie Jesus es sogar wagte, sich in seiner eigenen Familie zu positionieren. Er machte seinen Standpunkt deutlich und stellte sich klar an die Seite derer, die ihn brauchten. So soll er auf einer Hochzeitsfeier die Stühle geradegerückt haben. Jesus war mit seinen Jüngern genauso wie seine Familie auf die Hochzeit eingeladen. Als dem Brautpaar der Wein ausging, wurde Jesus von seiner Mutter aufgefordert, doch seine Wunderkraft unter Beweis zu stellen. Mit dem Satz: „Was geht’s Dich an, Frau, was ich tue!“ rückte Jesus seiner Mutter die Stühle in die Reihe. Jesus wollte nämlich nicht als Zauberer gesehen werden, als Trickser. Jesus wollte bei sich bleiben und zugleich deutlich machen, dass Gott die Not der Menschen sieht und beheben kann. Deshalb half Jesus dem Brautpaar. Deshalb wurde aus Wasser Wein und alle konnten weiterfeiern.

Jesus hat also gewagt, auch in seiner eigenen Familie „die Stühle gerade zu rücken.“ Damit hat er deutlich gemacht, dass er Luft braucht, um für sich zu entscheiden, wie er Gottes Fürsorge in die Welt setzen will. Jesus hat in seinem Leben sich selbst und auch viele anderen Menschen Luft verschafft: Menschen, die sich danach sehnten, endlich gesehen zu werden, hat Jesus wahrgenommen und dafür gern auch Stühle in die Reihe gerückt! Jesus sorgt – in Gottes Namen – klar für sich und andere: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“. Diese Botschaft lebt Jesus, indem er klar bleibt und liebevoll die und den Nächsten sieht, die in Not sind. So ermutigt er auch die junge Frau, die ihrer Tante die Meinung sagt, um nicht weiterhin ausgenutzt zu werden. Eigenfürsorge soll nicht verschwinden, wo wir anderen liebevoll begegnen.

Es kann durchaus ab und an im Leben erforderlich sein, anderen – seien es Freunde, Familie oder Kolleginnen – die Stühle in die Reihe zu rücken. Gerade stehen die Stühle dann, wenn wir anderen und uns genug Luft zum Atmen verschaffen. Probieren Sie es aus! Jesus steht Ihnen zur Seite, wenn Sie „die Stihl mo widder in die Reih rigge“.

Die Klarheit der Liebe Gottes gebe Ihnen Kraft dazu und verschaffe Ihnen Luft an diesem Tag!