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Stinkendes Kind

„Das stinkt ja zum Himmel“, denkt Josef. Seine Frau Maria hat ihn gerade zu dem kleinen Bach unterhalb ihrer Unterkunft geschickt, um die Windeln von Jesus auszuwaschen. Schön eine nach der anderen. Und da kniet Josef nun am Ufer und reibt den Stoff aneinander, um ihn wieder halbwegs sauber zu kriegen. Irgendwie hat Josef sich das anders vorgestellt. Damals, als der Engel zu ihm gesagt hat: „Der Sohn, den deine Frau empfangen hat, der ist vom Heiligen Geist und er wird sein Volk retten.“

Bei dem Gedanken an etwas Heiliges steigt Josef da unten an dem kleinen Bach sofort wieder der Duft von wertvollem Salböl in die Nase. Angereichert mit wohlriechenden Gewürzen haben Josefs Vorfahren damit die Köpfe ihrer Könige massiert oder das Öl auf ihren Altären Gott geopfert. Bei Jesus dagegen konnte von einem Wohlgeruch nun wirklich keine Rede sein. Nie hätte Josef sich träumen lassen, dass etwas Heiliges, etwas Göttliches so menschlich riechen kann.

Aber weil er nun schon seit gut einer Woche Tag für Tag Windeln auswaschen muss, weiß Josef es mittlerweile besser. Er hat gelernt, dass etwas Heiliges offensichtlich sehr menschlich sein kann: Jesus schreit, er friert, er muss essen und trinken und natürlich auch das Gegenteil davon machen. Statt teurem Duftöl auf dem Kopf braucht er eher eine wärmende Decke, eine Umarmung oder einen Kuss auf die Stirn. Er ist eben ein kleiner Mensch und als solcher stinkt er manchmal einfach zum Himmel.