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Sprachpanscher

Sprachpanscher des Jahres 2017: Diese wenig schmeichelhafte Auszeichnung hat die Evangelische Kirche in Deutschland vom Verein Deutsche Sprache verliehen bekommen. Der Verein fördert nach eigenen Angaben Deutsch als eigenständige Kultursprache. Nicht zuletzt kämpft er dagegen, dass im Deutschen immer mehr englische Ausdrücke verwendet werden: sogenannte Anglizismen.

Genau diesen Anglizismen verdankt die Evangelische Kirche nun die Auszeichnung als Sprachpanscher des Jahres. Kostenloses W-Lan in Kirchen nennt sie „Godspots“. Segnungsgottesdiente sind „moments of blessing“. Und eine interaktive Internetseite trägt den Namen „blessU-2“ (geschrieben U-Zwei). Die Reihe ließe sich fortsetzen.

Interessant fand ich, wie der Verein Deutsche Sprache seine Entscheidung begründet hat: Die Evangelische Kirche verhöhne Martin Luther. Immerhin gilt der als der Begründer einer gemeinsamen deutschen Sprache.

Hier scheint mir aber ein doppeltes Missverständnis vorzuliegen. Erstens ist es nicht die Aufgabe der Evangelischen Kirche sich darüber zu sorgen, wie sie Luther gerecht wird, sondern wie sie Christus die Ehre gibt. Zweitens war Luther selbst ein großer Sprachpanscher vor dem Herrn. Zum Beispiel indem er tausende von Wörtern schlicht erfunden hat, die es in der deutschen Sprache bis dahin gar nicht gab: Herzenslust, Ebenbild, Feuertaufe, Geistesblitz, Machtwort, Schandfleck, Lückenbüßer, Gewissensbisse, Lästermaul, um nur einige zu nennen.                                                                         Dem Volk aufs Maul schauen, darum ging es Luther bei seiner Übersetzung der Bibel ins Deutsche. Wer heute dem Volk aufs Maul schaut, kommt an englischen Ausdrücken nicht vorbei. Ob ihm das gefällt oder nicht.

Niemand erwartet von den Mitgliedern des Vereins Deutsche Sprache, dass sie in den social media massenhaft liken, wie die Evangelische Kirche da performed; aber ein bisschen gechillter könnte man die Sache ja schon sehen.