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Sich dem Hass nähern

Renate Künast erhält im Internet, vor allem auf Facebook, zahllose Droh- und Schmähbriefe. Manchmal, wenn es gar zu hetzerisch wird, stellt die Grünen-Politkerin Strafanzeige gegen die Verfasser. Die sind meistens Männer.  „Grünes Gesindel“ nennen sie sie, eine „Schande für Deutschland“ und „Fotze“. Mitunter nimmt sich Künast auch mehrere Tage frei, um quer durch die Republik direkt zu den Menschen zu reisen, die ihr so etwas schreiben. Sie möchte mit ihnen reden. Von Angesicht zu Angesicht.

Bei einer dieser Reisen kommt sie letztes Jahr auch in ein kleines saarländisches Dorf. „Guten Tag, ich bin Renate Künast“, sagt sie an der Tür. Und hält dem Bewohner einen Facebook-Auszug hin: „Sie haben das hier geschrieben. Geht man so miteinander um?“ „Das war sicher im Affekt,“ sagt der Angesprochene. „Nehmen Sie das doch nicht so ernst!“ Und fährt dann fort, er habe das doch gar nicht so gemeint. Er habe gar nichts gegen sie. Und scheint ein bisschen erstaunt, dass Renate Künast ein wirklicher Mensch ist. „Wissen sie nicht, dass vor der Tat das Wort kommt?“, fragt Künast. Nach diesem und ähnlichen Besuchen sagt sie, dass es eigentlich toll sei:  Alle hätten offen geredet, keiner sei gewalttätig geworden. „Wenn man sich dem Hass nähert, geht er weg“, beschreibt Künast ihre Erfahrungen. [Darstellung nach SPIEGEL Nr. 44/2016]

Wenn man sich dem Hass nähert, geht er weg. Es hat Mut erfordert, das herauszufinden. Aber es ermutigt auch zur Nachahmung!