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Seid barmherzig …

„Da bin ich ganz unbarmherzig“, hat mal ein sehr frommer Mann zu mir gesagt. Wir hatten gerade über eine Familie gesprochen, die in Not geraten war. Zugegeben, die waren selber schuld; hatten lauter teure Dinge angeschafft, die sie sich nicht leisten konnten. Mit Karacho in die Schuldenfalle. Und dann stellten sie alle möglichen ziemlich dummen Dinge an, um da wieder rauszukommen.

 

„Wenn Du schon nicht barmherzig bist“, habe ich den Frommen gefragt, „hast du dann wenigstens Mitleid?“ Nee, hatte er auch nicht. Was da der Unterschied sein soll, wollte er dann wissen.

„Na ja“, hab ich gesagt, „Mitleid hat man, barmherzig ist man“.

 

Mitleid ist ein hehres Gefühl.  Barmherzigkeit ist eine Haltung. Die bestimmt, wie man sich verhält. Barmherzig sein heißt, sich vom Leid anderer berühren zu lassen und etwas zu tun.

„Ja, klar“, meinte der Fromme, „jetzt soll ich wahrscheinlich die Schulden von denen übernehmen.“ „Das erwartet kein Mensch von Dir“, habe ich gesagt. „Aber du könntest Dir mal ein paar Minuten Zeit nehmen für sie. Dir ihre Geschichte anhören. Ihnen das Gefühl geben, dass sie nicht wertlos sind, auch wenn sie außer Schulden nichts haben.“

 

Er meinte dann noch, dass er auf die Belehrungen eines verbeamteten Gutmenschen gerne verzichten könne. Na ja, ich bin weder das eine, noch das andere. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, nicht zu vergessen, dass wir alle im Ersten und im Letzten nur von der Barmherzigkeit Gottes leben. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“ (Lk. 6,36). Dieses Wort Jesu haben die Kirchen als Motto über das neue Jahr gestellt. Denn ohne Barmherzigkeit ist alles nichts.