Segen schmeckt

„Wie fühlt sich Segen an?“ – werde ich oft gefragt. Ich mag dieses Bild: „Segen ist Gottes Berührung, die unter die Haut geht.“ Es beschreibt, wie ich mich fühle, wenn ich gesegnet werde. Da kribbelt es, da berührt mich etwas, ich habe das Gefühl, ganz gesehen zu werden.
Und ich frag mich: kann ich Segen auch sehen, hören, riechen oder schmecken? Was, wenn mir Segen in ungewöhnlichen Formen, an ungewöhnlichen Orten begegnet?
Meine Kollegin Anna und ich sind auf Fortbildung. Die Anreise war lang, der Hunger ist groß, die Suche nach etwas Essbarem ist schnell beendet: Burger lacht uns an! 5-Sterne Bewertung – das muss ja besonders gut sein, oder? Also hin, ausprobieren!
Der Laden ist super klein, aber gemütlich. Während die Chefin uns noch am Tresen berät, kommt ein Koch aus der Küche. In der Hand hält er eine Burgerverpackung To Go. Er guckt den jungen Mann an, der an der Tür auf seine Bestellung wartet und fragt: „Ist der für dich?“ „Ja!“, sagt der und beobachtet dann irritiert, wie der Koch wieder zurück in die Küche geht. Mit seinem Burger. „Was macht er jetzt damit? Reinspucken, weil er für mich ist?“, fragt er.
Die Chefin lacht und schüttelt den Kopf. „Nein, keine Sorge, es fehlt noch die besondere Zutat.“ Als der Koch wieder zurückkommt – das Timing ist perfekt – macht sie mit beiden Händen eine Handbewegung über der Verpackung und sagt: „Segen!“ Alle lachen, der Kunde nimmt seinen Burger entgegen und scheint erleichtert, dass es nur eine unsichtbare weitere Zutat ist. Anna und ich schauen uns schmunzelnd an – fühlen uns voll Undercover. Jetzt weiß ich schon vor dem Essen, warum dieser Burger 5-Sterne verdient hat. Ich freue mich auf die Berührung von Segen auf meiner Zunge.