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Schwere Sprache

Alt, langweilig, schwer zu verstehen – das ist es, was meinen Schülern einfällt, wenn sie über Gottesdienste sprechen. Genauer: Über die Sprache, die dabei benutzt wird. Dass sie mit ihrer Kritik im Grunde gar nicht weit weg sind von den Menschen zur Zeit Martin Luthers – das wundert meine Schüler allerdings. Ich erkläre ihnen, dass die Gottesdienste zur Zeit des Reformators auf Latein gehalten wurden. Nur wenige konnten das verstehen. Einer davon war Martin Luther. Er wollte, dass die Menschen die Sprache der Gottesdienste verstehen. Ebenso sollten alle in der Lage sein, die Bibel zu verstehen. Darum hat er diese ins Deutsche übersetzt und dabei dem Volk aufs Maul geschaut.

Wenn ich heute als evangelische Religionslehrerin die Lutherbibel in der Schule benutze, dann überlege ich mir gut, ob ich den Schülern diese Sprache zumuten will und kann. Je nach Thema und Text greife ich dann manchmal lieber zu einer anderen Bibelübersetzung, die leichter verständlich ist. Eine davon ist die Volx-Bibel mit X. Sie ist keine Übersetzung im herkömmlichen Sinn. In ihr sind die Texte nicht aus dem Griechischen und Hebräischen übersetzt, sondern sie wurden einer schon vorhandenen deutschen Übersetzung sprachlich angepasst.

Das Vaterunser klingt dann so: Hey, unser Papa da oben. Darum geht’s, dass du und dein Name allein auf dieser Welt ganz groß rauskommen. Du sollst hier das Sagen haben, auf der Erde genauso wie es da oben im Himmel ja schon immer der Fall war. Hey, versorg uns doch bitte mit allem, was wir heute so zum Leben brauchen. Und verzeih uns die Sachen, wo wir mal wieder Mist gebaut haben. Wir verzeihen ja auch denen, die bei uns was verbockt haben. Pass auf, damit wir nicht irgendwelchen schlechten Gedanken nachgeben und dir untreu werden und so. Führe uns nicht in Situationen, wo wir Fehler machten könnten. Rette uns, wenn uns das Böse anzeckt. So passt es.

Über diese unkonventionelle und saloppe Sprache beim Vaterunser sind die Schüler dann meistens etwas schockiert. Auch wenn der Text ihrer Meinung nach verständlich geschrieben ist und nicht verfälscht wird, finden sie, dass gerade das Vaterunser als das Gebet der Christenheit in der traditionellen Form auf jeden Fall erhalten bleiben soll! Und das, obwohl diese Form auch alt und schwer zu verstehen ist.