Schöner Scheitern

„Das darf doch nicht wahr sein!“ denke ich frustriert, als ich meine Emails abrufe und schon wieder eine Absage finde. Nach dem Studium habe ich nicht genau gewusst, wie es weitergehen soll. Also habe ich mich bei vielen verschiedenen Firmen beworben – und eine Absage nach der anderen bekommen. Ich weiß noch genau, wie sich das angefühlt hat: Der Kloß im Hals, das Gefühl nicht gut genug zu sein und die Angst davor, ein kompletter Versager zu sein.
Scheitern. Egal ob bei Bewerbungen, bei Prüfungen oder im Privaten: Scheitern gehört zu den wirklich unschönen Erfahrungen des Lebens. Aber stimmt es eigentlich, dass Scheitern immer etwas Negatives sein muss?
Wären meine Bewerbungen damals nicht gescheitert, wäre ich heute kein Pfarrer. Wäre die eine Beziehung vor so vielen Jahren nicht gescheitert, hätte ich heute nicht meinen Lebenspartner an meiner Seite. Ja, wäre ich nicht das eine oder andere Mal wirklich krachend gescheitert, wäre ich heute nicht da wo ich bin. Und dann wäre ich auch nicht der, der ich heute bin.
Scheitern ist für mich zum Zeichen geworden, dass ich es versucht habe, dass ich den Mut hatte, etwas Neues zu wagen. Und mit jedem Scheitern habe ich etwas dazugelernt. Über das Leben, über die Welt, über mich. Wenn ich heute an etwas scheitere, dann ist das ärgerlich. Aber ich weiß auch, dass es nicht umsonst gewesen ist: Und dass sich das Schöne am Scheitern eben oft erst im Nachhinein zeigt.