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Salomonische Entscheidungen

Wenn wir modernen Menschen uns in einem Zwiespalt befinden, dann wägen wir ab zwischen dem, was unser Kopf, und dem, was unser Herz uns sagt. Das Herz ist dann oft die Stelle, mit der wir Entscheidungen treffen, die nicht gerade vernünftig und manchmal auch nicht wirklich gut für uns sind. Gelegentlich lassen wir auch unseren Bauch entscheiden, aber der soll hier erst mal außen vor bleiben.

Die Menschen im Alten Testament hatten es da ein bisschen einfacher: Für wichtige Entschlüsse zogen sie allein ihr Herz zu Rate. Funktionen, für die wir heute unser Gehirn für zuständig halten – Sitz der Vernunft, der Weisheit, des Urteilsvermögens – wurden damals dem Herzen zugeschrieben. Den Widerspruch „Verstand – Gefühl“ kannte man so nicht.

Denken, Fühlen und Wollen gehören in der Bibel untrennbar zusammen und konzentrieren sich in der Mitte des Menschen, in seinem Herzen. Das wird besonders schön deutlich, wenn König Salomo Gott um ein „weises und verständiges Herz“ (1.Könige3,1-15) bittet.

Ausgerechnet Salomo also, dem wir heute noch besonders weise Urteile zuschreiben, sollte dabei nicht  seinen klugen Kopf, sondern sein „verständiges Herz“ bemüht haben? Schwer vorstellbar… Und doch sind „salomonische Urteile“ auch in unserem modernen Sprachgebrauch solche, die sich nicht nur durch Weisheit, sondern auch durch besondere Zuwendung und Liebe auszeichnen.

Denken und Entscheiden nicht nur als Kopfarbeit, sondern auch als Herzensangelegenheit… – das klingt nach einer Herausforderung für Menschen in einer Gesellschaft, die vor allem auf Verstand und Vernunft setzt. Vielleicht sollten wir hilfsweise doch öfter unseren Bauch mitentscheiden lassen. Denn der ist ja bekanntlich ziemlich nah an unserem Herzen.