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Rückspiegel

Fast immer, wenn ich mein Auto besteige, muss ich meinen Rückspiegel neu einstellen.

Klar. Nach der Nachtruhe hat sich meine Wirbelsäule entspannt und etwas gedehnt – ich bin größer. Im Laufe des Tages staucht sich die Wirbelsäule durch das Gehen, sitzen, Laufen – ich bin kleiner.

Und das merke ich eben, wenn ich im Auto sitze. Ich muss meinen Rückspiegel neu einstellen.

Das gilt auch für den Rückspiegel, durch den ich auf mein Leben schaue.

Ich stelle ich zwar nicht mehrmals am Tag neu ein, aber doch immer wieder im Laufe meines Lebens.

Die Sicht und der Blickwinkel auf Vergangenes verändern sich im Laufe der Lebenszeit.

So werden Zeiten, die quälend langweilig waren, in denen man meinte, die Zeit dehne sich ohne Ende, in der Rückschau nahezu unbedeutend.

Zeiten, die im Erleben wie im Flug vergingen, erhalten in der Erinnerung dagegen großen Raum. Wenn in kurzer Zeit viel erlebt wurde, dann bleibt das in der Rückschau eine wichtige Zeit.

Aber auch die Bewertung von vergangenem Erleben ändert sich in der Rückschau.

Es kann Zeiten geben, die schwer, traurig, unangenehm sind. Zeiten, in denen man sich alleingelassen fühlt.

Zeiten, in denen man sich gewünscht hat: Ich würde sie lieber nicht erleben.

In der Rückschau kann sich die Bewertung verändern.

Nun sieht man: Ja, es waren schwere Zeiten. Aber im Nachhinein kann ich sie auch als Zeiten betrachten, in denen mich Gott auf schwere Wege geschickt hat – und mich gleichzeitig auf diesen Wegen nicht allein gelassen hat.

In der Rückschau können solche Zeiten zu sehr wertvollen Zeiten werden.

Sie haben mir Erfahrungen gelehrt, die mir nun hilfreich sind.

Sie haben mich bereichert.