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Relikt

Ich bin ein Relikt aus alter Zeit.

Wenn ich zum Beispiel mit anderen Menschen in einem Wartesaal sitze, dann bearbeiten alle ihre Smartphones.

Nur ich sitze da und lese ein Buch.

 

Lange hatte ich den Gedanken, auf meinem Grabstein würde dereinst stehen: „Er hatte kein Smartphone – nun liegt er hier!“

 

Nun. Mittlerweile habe auch ich ein Smartphone. Ich nutze es auch.

Aber noch immer stört es mich, wenn um mich herum alle nur in die ihrigen vertieft sind. Oder wenn bei Sitzungen Laptops bearbeitet werden.

 

Aber warum stört mich das so?

 

Ein kleines Erlebnis kann es vielleicht erklären.

Ich fuhr mit dem Rad an der Saar entlang – und entdeckte, wie zwei junge Biber in Ufernähe herumtollten.

Minutenlang betrachtete ich fasziniert dieses Schauspiel.

Ein anderer Radfahrer kam heran.

Ich wollte ihn auf dieses selten zu beobachtendes Spektakel aufmerksam machen. Ich wollte sozusagen ein Erlebnis „teilen“.

Aber es ging nicht.

Der Mann hatte ein Headset auf und telefonierte während der Fahrt.

Er hörte jemanden, aber nicht mich.

Er fuhr vorbei.

Schade.

Ich hätte seine Mobilnummer gebraucht.

 

Und das ist es, was mich stört.

Unsere Kommunikationsgeräte verhindern oftmals Kommunikation.

Wir sind scheinbar im Kontakt mit vielen – und übersehen dabei den Kontakt, der in der realen Welt möglich wäre.

 

Ich will Smartphones keineswegs verteufeln.

Aber schöner fände ich doch, wenn wir den jeweils Nächsten wahrnehmen würden.

Schöner fände ich, wenn wir in der realen Welt unsere Erfahrungen teilen würden.

Das hat für mich auch etwas mit Nächstenliebe zu tun.