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Recht geben

‚Kommst du mit deiner Frau nicht zurecht, halt deinen Mund oder gib ihr Recht‘ – diesen Spruch habe ich auf einem plattdeutschen Kalender gefunden, natürlich auf Plattdeutsch, aber das möchte ich – von mir gesprochen – niemandem zumuten. Aber der Spruch hat mich fasziniert. Nicht so sehr, weil er eines der uralten Klischees über rechthaberische Ehefrauen bedient. Sondern weil sich hinter dem Spruch eine Weisheit verbirgt. Zumindest dann, wenn man diesen Spruch nicht als einseitig nimmt, sondern als gegenseitig gemeint.

Es gehört nämlich viel Mut dazu, auf vielleicht berechtigten Widerspruch zu verzichten, weil es sonst Streit und Verletzungen gibt, die niemand braucht. Diesen Mut brauchen wir in allen unseren Beziehungen. Vielleicht aber ganz besonders dort, wo wir es nicht mit Menschen zu tun haben, die uns übergeordnet sind, also Lehrer, Vorgesetzten oder Ähnlichen. Das fällt mir ja noch relativ leicht: gegenüber Leuten, die mir vorgesetzt sind, lieber zu schweigen, auch wenn ich etwas besser weiß. Bei Anderen ist meine Zurückhaltung geringer.

Ich muss zugeben, dass ich mich gerne wichtig damit mache, dass ich Dinge weiß – und manche Dinge sogar besser weiß. Und damit zerstöre ich Gespräche, damit zerstöre ich Gefühle, damit zerstöre ich das Miteinander. Im Moment fühle ich mich dann sogar groß, weil ich mir bewiesen habe, wie gut ich bin und weil ich Anderen bewiesen habe, wieviel ich weiß.

Ich glaube, Jesus hat unsere Gesprächsverhalten auch gemeint, als er gesagt hat: Wer unter Euch groß sein will, der soll euer Diener sein. Ich muss wissen, was wertvoll sein soll in meinem Leben: Dass ich immer Recht habe und alle das wissen, oder dass wir miteinander eine gute Gemeinschaft haben. ‚Kommst du mit deiner Frau nicht zurecht, halt deinen Mund oder gib ihr Recht‘ das möchte ich übersetzen: Willst du mit einem Menschen zurechtkommen, halte deinen Mund oder gib ihm Recht.