Beiträge

Probe bestanden?

Lange hatten die beiden auf ein Kind gewartet. Umsonst. Erst, als sie eigentlich schon zu alt sind, wird die Frau doch noch schwanger. Sie und ihr Mann bekommen einen Sohn. Das erste Buch der Bibel erzählt die Geschichte dieser Familie, von Abraham, Sara und dem Sohn Isaak. Eines Tages befiehlt Gott Abraham, seinen Sohn Isaak mit auf einen Berg zu nehmen, ihn dort zu töten und als Brandopfer darzubringen. Abraham beugt sich widerspruchslos. Erst im letzten Moment, als er das Messer schon erhoben hat, fällt ihm ein Engel in den Arm. Isaak überlebt.

Nach gängiger Auslegung zeigt diese Geschichte Abraham als genauso gottergeben wie die Anhänger heidnischer Kulte in den Nachbarländern, wo Menschenopfer zum Alltag gehörten; außerdem – so die Ausleger weiter – bekräftige der biblische Gott hier seine Ablehnung von Menschenopfern. Keine Frage: Nach dieser Interpretation hätte Abraham den Glaubens- und Gehorsamstest mit Bravour bestanden.

Aber ich frage mich: Was, wenn Abraham hier versagt hätte? Was, wenn das eigentliche „Lernziel“ der Ungehorsam gewesen wäre? Der biblische Gott, das sagen viele Bibelstellen, lässt nämlich durchaus mit sich reden, lässt Menschen geradezu handgreiflich an sich heran. Jakob ringt mit Gott und nötigt ihm Segen ab. Hiob weigert sich, sein Schicksal ergeben zu akzeptieren – und bekommt am Ende bei Gott recht. Und Abraham selbst hatte frech und offen mit Gott um die Zahl der Gerechten gefeilscht, deretwegen Sodom verschont bleiben sollte.

Das Alte Testament ist sensibel für Beziehungen. Das bestmögliche Leben kann demnach nur durch Beziehungen erreicht werden, in denen Menschen – und auch Gott – treu zueinander stehen. „Wie sollte es aber zwischen Abraham, Isaak und Sara, der Mutter und Ehefrau, weitergehen? Nachdem der Vater ohne jeden Versuch des Widerspruchs das Schlachtermesser erhoben hatte?

Ein rebellierender Abraham – er hätte Gott die Genugtuung gegeben, mehr erschaffen zu haben als ein totes Werkzeug: Einen Menschen mit Seele und Gewissen. Den erschaffen zu können, zeichnet Gott doch aus vor jedem x-beliebigen Handwerker. Ich glaube, Gott möchte Menschen als Partner, die bereits sind, Verantwortung zu übernehmen. Und die den Gehorsam verweigern. Da, wo ihr Gewissen es fordert.