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Prediger von Buchenwald

Ich möchte an Paul Schneider erinnern, der heute vor 80 Jahren im KZ Buchenwald ermordet wurde. Zwangsarbeit und Folter sollten seinen Widerstand gegen das Nazi-Regime brechen, um für andere Widerständler zum abschreckenden Beispiel zu werden. Aber den Gefallen tat Paul Schneider seinen Peinigern nicht. Er blieb bis zuletzt ein „unbeugsamer Zwischenrufer“ (so Thomas Bickelhaupt, epd 2014) und wurde zum Prediger von Buchenwald.

Wie kam es dazu? Paul Schneider übernahm 1934 eine Pfarrstelle im Hunsrück, mit seiner Frau und den sechs Kindern. Er richtete sein Leben und Tun nach der Apostelgeschichte aus: “Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.” (Apg 5,29) Das tat er – z. B. bei der Beerdigung eines Hitlerjungens. Als der NS-Kreisleiter gegen Ende der Bestattung rief: Der Junge sei nun in den himmlischen Sturm Horst Wessels eingegangen, protestierte Schneider: Ob es einen himmlischen Sturm Wessels gebe, wisse er nicht, aber Gott möge den Jungen in sein Reich aufnehmen. Dies sei eine kirchliche Feier. – Daraufhin wurde er verhaftet, es folgten weitere. Ende November 1937 wurde er ins KZ Buchenwald gebracht. Anlässlich eines Fahnenappells verweigerte er sich: „Dieses Verbrechersymbol grüße ich nicht!“ Dafür wurde er öffentlich fast zu Tode geprügelt, in Einzelhaft genommen, in der er über ein Jahr immer wieder misshandelt wurde. Er kämpfte weiter. So auch am Ostersonntag 1939, als er sich trotz Schmerzen an den Gitterstäben seiner Zelle hochzog, um den Häftlingen auf dem Appellplatz zuzurufen: „Kameraden, hört mich. Hier spricht Pfarrer Paul Schneider. Hier wird gefoltert und gemordet. So spricht der Herr: `Ich bin die Auferstehung und das Leben!‘“ Dann schlugen die Aufseher ihn zusammen. Am 18. Juli 1939 wurde er mit 42 Jahren durch eine Überdosis eines Herzmittels ermordet – sein Leben konnten sie ihm nehmen, ihn aber nicht brechen. Paul Schneider klagte mit seinen Zwischenrufen die Verbrecher an und machte den Mithäftlingen Mut. Als Prediger von Buchenwald hat er so dem unmenschlichen Handeln seinen unerschütterlichen Glauben entgegengehalten – als Mahnung bis heute.