Beiträge

Politik und Verantwortung

Da war der Bundesgesundheitsminister sprachlos: „Herr Spahn, wie geht es Ihnen eigentlich?“, hat ihn ein Radiojournalist am Ende eines Interviews gefragt. Gerade hatte der Minister gewohnt sachlich über die Pandemielage gesprochen. Dabei hatte Spahn selbst gerade erst eine Infektion mit dem Coronavirus überstanden.

Und man hat gemerkt: Diese persönliche Frage hat ihn überrumpelt. Einige Sekunden lang herrschte Stille. Es gehe ihm ganz gut, meinte der Minister dann, und das klang erleichtert und erschöpft zugleich.

Für mich war das ein bemerkenswerter Moment: Da hat ein Journalist mit einer im Grunde selbstverständlichen Frage die professionelle Hülle eines Berufspolitikers angekratzt, den Menschen darunter zum Vorschein gebracht und gezeigt: Politiker haben Sorgen und Nöte wie alle anderen auch.

Der Theologe Jörg Zink hat einmal über die Verantwortung der Politik geschrieben, es komme darauf an, „nichts zu versäumen und nichts zu verschulden. Es kann keine Lösung geben, die ohne Rest aufgeht. Sie ist in jedem Fall richtig und falsch zugleich“.

In dem Interview wurde die Last dieser Verantwortung von Jens Spahn besonders anschaulich. Ich weiß nicht, ob er praktizierender Christ ist. Aber wenn ja, gibt es laut Jörg Zink einen Weg, Verantwortungen dieser Art durchzuhalten: „Was in solcher Verantwortung  getan wird, entscheidet sich unter Christen zuerst vor Gott und dann erst vor Menschen.  Und das ist nun der Kern des christlichen Glaubens, dass Gott den, der so vor ihm steht, nicht verurteilt.  Am Ende wird einer nicht sagen: Es war alles richtig. Sondern vielleicht eher: Das habe ich entschieden. Dazu stehe ich. Gott helfe mir“.