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Pass auf…!

„Pass auf, sonst verwöhnst du es noch!“

Als Hebamme sitze ich bei einem Hausbesuch auf der Couch und lausche mal wieder mit gemischten Gefühlen den Ratschlägen, die sich junge Familien ungefragt anhören müssen: „Trag es nicht zu viel, lass es auch mal schreien. Vielleicht wird es ja an der Brust nicht satt? Früher haben wir das doch alles auch so gemacht.“ Und da haben wir sie. Die Top-Five-Ratschläge, die Eltern verunsichern und auch mal zur Verzweiflung bringen können.

Wenn man ein Baby bekommt, befindet man sich in einer Ausnahmesituation. Diese Phase wird psychologisch auch als „Lebenskrise“ bezeichnet. Natürlich ist es etwas Wunderbares. Aber man befindet sich in den ersten Wochen nach der Geburt in einem Chaos aus Hormonen, Selbstzweifeln, absolutem Glücksgefühl und Schlafmangel. Die junge Familie versucht, ihren Rhythmus zu finden und Entscheidungen für das Kind so zu treffen, wie es die elterliche Intuition, Fachpersonal, Wissenschaft und Logik empfiehlt. Doch gefühlt haben alle rundherum einen gut gemeinten Rat – Verwandte, Freunde und Freundinnen und so ziemlich jeder auf Social Media. Diese Ratschläge sind sicher meistens gut gemeint. Dennoch sind sie, wenn nicht danach gefragt wird, fehl am Platz und nicht hilfreich.

Aus meiner Perspektive bräuchten junge Eltern weniger „Mach dies“ oder „Tu das nicht“. Weniger Anzweifeln ihrer Fähigkeiten. Sie brauchen ein offenes Ohr. Mehr Zuspruch. Ein „Du weißt als Elternteil am besten, was dein Kind braucht!“ Eine Ermutigung, auf die Intuition zu hören. Ich stelle mir dann immer vor, ich wäre in einer Lebenskrise. Nicht unbedingt nach der Geburt eines Babys, aber in einer Situation, in der für mich alles neu und chaotisch ist. Ich würde mir wünschen, jemanden zu haben, der mir einfach zuhört und mich hält.