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Nicht warten

„Und auf was warten Sie?“, hat mich ein Mann gefragt. „Mich holt gleich jemand ab.“, habe ich ihm geantwortet. Über die Frage habe ich noch weiter nachgedacht. „Auf was warte ich in meinem Leben?“ Menschen in meinem Umfeld sagen: „Ich warte auf den nächsten Urlaub.“ Oder auch: „Auf Weihnachten.“ Manche sagen: „Dass ich endlich wieder gesund werde.“ Oder: „Dass endlich Frieden herrscht in meinem Heimatland.“ Die ersehnten oder erwarteten Ereignisse lassen sich gar nicht immer terminieren. Klar, wann Weihnachten ist, weiß ich. Aber beim Warten auf Heilung ist der Zeitpunkt schon ungewiss.

In der Bibel wird erzählt, dass Jesus in einer Rede die Ankunft des Reiches Gottes mit einem Dieb vergleicht, der in der Nacht einbricht. „Wenn der Hausherr wüsste, wann der Dieb kommt, würde er wachen und gar nicht erst einbrechen lassen. Aber weil er es eben nicht weiß, kommt der Dieb plötzlich und unerwartet.“ „Ja,“ denke ich, „was auch immer passiert, klar ist doch, dass ich nicht weiß, wie lange ich zum Beispiel lebe oder wie lange die Menschen leben, mit denen ich zu tun habe.“ Ich weiß also nicht, wie viel Zeit ich wirklich habe. Ich kann mein Leben nicht auf „Pause“ stellen. Sondern ich soll jeden Moment leben und nutzen. Das heißt für mich: Blumen schenken, wenn mir danach ist und nicht auf einen vermeintlich geeigneteren Zeitpunkt warten, anderen freundlich begegnen, ein gutes Wort weitersagen, mich versöhnen mit Menschen, mit denen ich Streit habe. Heute, jetzt.