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Nicht vom Bösen überwinden lassen

Böses mit Bösem vergelten? Das geht nicht gut! Eingeprägt hat sich mir diese Einsicht durch ein Erlebnis im Jahr 1983. In Mutlangen war das. Die Älteren erinnern sich: Dort waren Pershing-II-Raketen stationiert. Mittelstreckenwaffen mit atomaren Sprengköpfen. Mit meiner Friedensgruppe bin ich nach Mutlangen gereist, um gemeinsam mit anderen die Zufahrt zum Atomwaffenlager zu blockieren. Immer wieder musste uns die Polizei von der Straße räumen, wenn ein Militärtransport vorbei wollte.

Gegen Abend waren wir müde und auch ein wenig zermürbt von dem Katz- und Mausspiel. Bewegung tat jetzt gut. Und so sind wir am Zaun entlang gegangen, der das Waffenlager hermetisch abriegelte. Der Abend dämmerte bereits, als wir auf zwei Polizisten getroffen sind. Männer zwischen 50 und 60. Sie kamen uns auf einem Streifengang entgegen. Wir wurden kontrolliert. Dabei kam es zu einer Diskussion, heftiger und immer heftiger. Ein Wort gab das andere. Bis ich wutentbrannt gerufen habe: „Ihr seid ja auch nicht besser, als die KZ-Wächter von Auschwitz.“ Unmittelbar darauf wusste ich, wie dumm und wie falsch das war. Aber der Satz war raus. Ich sah einen der Polizisten an. Und hab in seinem Gesicht erkannt, dass ich ihn sehr getroffen hatte. Zu meiner Überraschung sagte er nichts und unternahm auch nichts. Er hat sich nur weggedreht, seinen Kollegen am Arm gezogen und dann sind beide weiter gegangen.

Bis heute tut mir diese verbale Entgleisung unendlich leid. Und ich wünschte, ich könnte das wieder gutmachen, was ich damals getan habe. Aber das geht wohl nicht mehr. So bleibt mir lebenslang die Erinnerung daran, dass die Bibel sehr recht hat, wenn sie sagt: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.“