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Naja. Du weißt schon.

Gegen Ende des letzten Jahres habe ich mich mal wieder nach einem neuen Kalender umgesehen. Eigentlich regele ich mit meinem Mann zusammen alles in einer App. So können wir beide alle Termine sehen, die anstehen. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, ich brauche zusätzlich mal wieder einen aus Papier. Und nicht nur die Termine will ich reinschreiben, sondern auch meine To-Do-Listen und vielleicht noch ein paar andere Dinge.

Es klingt jetzt vielleicht esoterisch, wenn ich das sage, aber: Ich bin stolze Besitzerin von einem Achtsamkeitskalender. Jeden Tag fülle ich sorgfältig aus, ob ich mich genug bewege, ob ich gesund gegessen habe und ob ich was Schönes für mich gemacht habe. Stichwort Selbstfürsorge und so. Aber mein Kalender leistet noch mehr. Jede Woche steht da ein Zitat. Eins davon lässt mich nicht mehr los. Es ist von Nicola Yoon, einer jamaikanisch-amerikanischen Autorin. Übersetzt hat sie gesagt: „Es wird ein langwieriges Leben, wenn du es mit Dingen verbringst, für die du nur Naja fühlst.“

Mir ist bewusst, dass sie damit nicht das Rad neu erfunden hat, aber mich hat es in dem Moment gepackt. Ich hab mich in meinem Arbeitszimmer umgesehen und genau das gedacht: Naja. Tja und was soll ich sagen: Kurzerhand sind ungeliebte Möbel rausgeflogen. Dinge die im Weg standen, hab ich auf Ebay Kleinanzeigen verschenkt. Und alles, was ich an Unterlagen nicht mehr gebrauchen kann, ist in den Müll gewandert.

Über die Zeit hatte ich mich damit abgefunden, dass mein Arbeitszimmer so fürchterlich ausgesehen hat. Aber es tat sooo gut, Platz zu schaffen und neu zu ordnen. Und jetzt fühle ich mich nicht nur in meinem Arbeitszimmer viel wohler. Irgendwie ist es auch in mir selbst aufgeräumter als vorher. Es ist, als ob jetzt ein großer Teil von mir nicht mehr „Naja“ fühlt, sondern ganz klar „Ja!“ sagt.

Ordnung zu schaffen bringt mich immer mal wieder dazu, auch meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Ich versuche dann rauszufinden, ob es nicht auch Gedanken oder Begegnungen gab, die mich ein Naja fühlen lassen. Klar fällt mir das eine oder andere ein, aber… wie räumt man eigentlich seine Gedanken auf?

Soweit ich weiß, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Aufschreiben zum Beispiel. Aufschreiben, was belastet, und dann am besten ganz symbolisch den Zettel verbrennen. Oder wenn man etwas aus der Vergangenheit mit einem anderen Menschen bereinigen will… ich kann’s aus eigener Erfahrung berichten: Ein Anruf und eine Entschuldigung können wahre Wunder wirken.

So als Pfarrerin kann ich Ihnen aber noch einen Tipp geben, wie Sie ihre Gedanken aufräumen können:

Beten Sie einfach mal drauf los.

Klingt komisch, aber es hilft. Finde ich zumindest. Ich denke nämlich, dass Gott keine besonders hübschen, ausgesuchten Wörter braucht. Es ist egal, wie ungeordnet meine Gedanken und auch Gefühle sind: Gott sieht sie sowieso völlig ungefiltert. Im Gebet habe ich aber die Möglichkeit alles, was grade in mir vorgeht an jemanden zu adressieren. Nicht umsonst sind die meisten Gebete gegliedert.

Sie beginnen mit „Lieber Gott“ oder sowas ähnlichem. Danach kommt das, was auch immer ich loswerden will. Egal ob Unzufriedenheit, Bitte, Trauer, Dank, Wut oder alles auf einmal oder was ganz anderes. Was ich auch loswerden will, ich richte es an Gott. Manchmal steckt darin die Bitte, dass er etwas tut oder sagt. Aber mir ist es am wichtigsten zu wissen, dass Gott sowieso und bedingungslos zuhört. Und hey, was schadet es eigentlich zu beten?

Im besten Fall geht es mir vor dem Gebet Naja – und danach ein Stück besser.

Es kann helfen Gedanken loszulassen oder sogar zu ordnen.

Und im Zweifelsfall gibt es ein ganz einfaches Gebet. Denken Sie an das, was Sie grade beschäftigt. Lassen Sie sich einfach von Ihren Gedanken und Gefühlen treiben. Und dann sprechen Sie folgendes Gebet:

„Hey Gott… Naja. Du weißt schon. Amen.“