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Muttertag

Gemeinsam mit meiner Wandergruppe mache ich einen Spaziergang am Weiher. Es sind viele Leute unterwegs. Das Wetter ist endlich schön. Vor uns ist eine Familie mit mehreren Kindern. Ein kleines Mädchen, vielleicht 3 Jahre alt, sieht eine Ente. Was für ein interessantes Tier. Das kleine Mädchen läuft hinter ihr her. Die beiden laufen immer schneller. Da sieht man es schon kommen. Das Mädchen fällt über einen Ast, der auf dem Boden liegt. Oh, weh. Das Kind schreit laut auf. Es hat sich erschrocken. Und es weint wohl mehr vor Schrecken, als vor Schmerz.  Da kommt auch schon die Mutter gelaufen und nimmt es auf den Arm.  Sie streicht dem kleinen Mädchen über den Kopf und pustet auf die Stellen, an denen es sich wehgetan hat. Das Mädchen hört auf zu weinen und rennt wieder los.

Morgen ist Muttertag. Das ist für mich Anlass darüber nachzudenken, was Muttersein eigentlich heißt. Dieses Thema ist ja eng verbunden mit dem Frauenbild einer Gesellschaft. Vor etlichen Jahren wurde das scharf diskutiert. Da ging es um verschiedene Lebensentwürfe von Frauen:   Frauen, die zu Hause sind und sich der Erziehung ihrer Kinder widmen,  Frauen, die berufstätig sind und Kinder haben;   Frauen, die keine Kinder haben, aber berufstätig sind. Die ersten wurden als Hausmütterchen klein gemacht, die zweiten wurden gern als Rabenmütter bezeichnet und die dritten galten als machtgeile Karrierefrauen. Mich hat das geärgert. Denn wie immer Frauen es machen, es wird negativ bewertet. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert.

Ich frage die anderen aus meiner Wandergruppe, was es bedeutet, Mutter zu sein.

Eine Freundin, deren Zwillingssöhne mittlerweile über 40 sind, antwortet: „Mutter bist du immer – egal, wie alt die Kinder sind. Du sorgst dich um sie und machst dir Gedanken um sie. Du fühlst dich verantwortlich für sie.“
Eine interessante Antwort finde ich. Sie wirft nochmal einen neuen Aspekt auf die Rolle als Mutter. Für Kinder ist man verantwortlich, denn sie sind einem anvertraut – gerade als Mutter und als Vater. Allerdings gibt es auch Menschen, die einem anvertraut sind, ohne dass man ihre Mutter oder ihr Vater ist.                                                                                                                   In der Bibel gibt es die Geschichte der Königin Ester, die Verantwortung übernimmt für viele Menschen.  Sie ist die Frau des persischen König Ahasveros, der nicht ahnt, dass sie eine Jüdin ist. Ihr Volk lebt in der Gefangenschaft, nachdem die Perser Jerusalem erobert haben. Der König will ein Pogrom gegen die Juden erlassen. Ester muss nun Farbe bekennen. Und das tut sie auch.  Sie spricht nachdrücklich mit ihrem Mann, dem König, und fordert ihn auf das Pogrom zu überdenken – was er auch tut. Und sie stellt sich auf die Seite ihres Volkes  und erklärt sich mit ihm solidarisch. Dazu gehört viel Mut.  Das ist eine andere Form von Mütterlichkeit. Es geht nicht darum, die biologische Mutter zu sein, sondern Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen.  So gesehen sind viele Menschen Mütter.

Auch in meinem Leben gibt es Menschen, für die ich mich verantwortlich fühle oder die dasselbe bei mir tun.  Da kommt es vor, dass ich eine Freundin tröste,  wenn es ihr schlecht geht. Oder ich werde in den Arm genommen und getröstet – so wie die Mutter ihr Kind, das hingefallen ist, auf den Arm nimmt.

Einen schönen Muttertag wünsche ich Ihnen!