Beiträge

Mut

Er war ein mutiger Mensch. Er hat sich der Ungerechtigkeit entgegengestellt. Für viele war er eine Hoffnung. Allen Versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen, hat er widerstanden. Sie haben ihn gefangengenommen. Für seinen Mut hat er mit dem Leben bezahlt.

Spreche ich von Jesus Christus? Ich spreche von Alexej Nawalny, dem russischen Oppositionspolitiker. Am vergangenen Freitag ist er in einem Straflager gestorben.

Als Nawalny im Februar 2021 vor einem Moskauer Gericht letzte Worte sagen durfte, zitierte er die Bibel: „Selig sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“

Also spreche ich doch von Jesus Christus? Ja, aber nicht, um aus Alexej Nawalny einen Heiligen zu machen oder gar einen zweiten Messias. Nawalny war nur ein Mensch, mit hellen und dunklen Seiten. Der originale Jesus darf genügen. Es ist nur: aus der Geschichte des einen wuchs ganz offenbar der Mut des anderen. Und aus beiden Geschichten kann mein Mut wachsen.

Überall und zu allen Zeiten missbrauchen Menschen ihre Macht. Sie stützen sich auf Handlanger, Mitläufer und ganz viele Eingeschüchterte. Sie herrschen mit der Angst. Sie erzählen dem Einzelnen: „Du bist allein! Du kannst nichts tun!“

Überall und zu allen Zeiten stellen sich ihnen aber auch Menschen entgegen – mit höchstem persönlichen Einsatz. Sie glauben nicht daran, allein zu sein. Ich glaube es auch nicht.

In den Geschichten all derer, die Widerstand leisten, den bekannten wie den vielen Namenlosen, scheint für mich die Geschichte von Jesus Christus auf, der getötet wurde, aber nicht im Tod geblieben ist. Das tröstet mich und weckt meinen eigenen bescheidenen Mut, für meine Hoffnung einzustehen.

„Selig sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ Alexej Nawalny hat damals deutlich gemacht, dass die Sehnsucht nach Gerechtigkeit eigentlich in allen steckt, auch in seinen Richtern und Bewachern. Ihnen fehle nur der Mut, dafür einzustehen.

Mut aber ist möglich. Auch aus dem Glauben heraus. Niemand muss wie Jesus Christus werden. Es reicht, gemeinsam die Freiheit zu verteidigen, wo immer jemand sie bedroht. Je früher, desto leichter ist das.

 

Der Link zur Mediathek: https:// https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=137433