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Multikulti

Es ist nicht gerade ein sehr neuer Roman, aber ich lese ihn zum zweiten Mal mit Begeisterung: “Die Quelle” von James Mitchener. Es geht um Archäologie. In Israel wird eine Stadt ausgegraben. Jede Menge kleine und große Fundstücke werden an die Erdoberfläche gebracht, und Mitchener erzählt dazu Geschichten aus der jeweiligen Zeit. Und dabei wird klar: Zu jeder Zeit gab es in dieser Stadt verschiedene Völker, Religionen und Sprachen. Zu jeder Zeit war das eine multikulturelle Gesellschaft.

In Europa war das im Mittelalter anders. Da glaubten alle das gleiche. Aber wie wurde das erreicht? Mit Gewalt. Wer etwas anderes glaubte als das, was Staat und Kirche vorgaben, wurde eingesperrt oder sogar verbrannt. Und systematisch hielt man die Leute davon ab, anderes kennen zu lernen. In Hamburg zum Beispiel sorgte der Rat der Stadt bis ins Jahr 1785 dafür, dass es nur lutherische Gottesdienste gab. Bei uns in Merzig blieb man rein katholisch bis 1815. Normal war das nicht. Denn letztlich glaubt kein Mensch hundertprozentig das Gleiche wie ein anderer. Wir alle sind eben verschieden.

In letzter Zeit höre und lese ich oft, dass die multikulturelle Gesellschaft am Ende sei. Also eine bunte und vielfältige Gesellschaft, in der Unterschiede als Bereicherung gesehen werden. Ich frage mich dann immer, was die Alternative ist. Möchte irgendeiner ernsthaft wieder die Verhältnisse von Merzig im Jahr 1815?

Ich bin ein konservativer Mensch. Ich will mich als Christ in einer multikulturellen Gesellschaft behaupten. Ich will meine Normen und Werte selbstbewusst vertreten. Ich will meinen Glauben verteidigen und anbieten. Das bedeutet zeitgleich aber auch, dass ich eine multikulturelle Gesellschaft will. Alles andere wäre nicht normal.