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Muffin auf dem Friedhof

 „Wir können doch einen Muffin zu meiner Mama bringen. Auf ihr Grab. Dann sieht sie das von oben und kann ihn sich ja holen.“ Das kleine Mädchen, das gerade bei uns zu Besuch ist, sagt diesen Satz zu meinem jüngeren Sohn. Zusammen sitzen sie am Küchentisch, trinken Limo und essen Muffins. „Ja, gute Idee“, sagt mein Sohn. Ich dagegen muss schlucken. Es ist erst wenige Wochen her, dass die Mutter des Mädchens gestorben ist. Es verblüfft mich, wie normal und locker das Mädchen nun darüber spricht, dass sie ihre Mutter auf dem Friedhof besuchen muss.

Ich weiß: Kinder trauern anders. Beim Spielen zum Beispiel können sie Vieles vergessen. Aber: Sie haben vielen von uns Erwachsenen offenbar noch etwas anderes voraus: nämlich einen anderen, einen normalen, natürlichen Umgang mit dem Thema Tod. Mir zumindest geht der oft ab. Ich neige dazu, das Thema zu verdrängen. Mit dem Tod und damit auch meiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu werden – naja, ich gebe zu: Da kann ich mir angenehmere Dinge vorstellen. Aber: Sinnvoll wäre es schon, das Thema nicht auszuklammern. Denn lebend kommt keiner von uns aus dem Leben raus.

Mit der Idee, ihrer Mutter einen Muffin aufs Grab zu legen, hat das kleine Mädchen mir gezeigt, dass der Tod zum Leben gehört. Klar: Es tut weh, wenn wir einen geliebten Menschen verlieren. Sehr, sehr weh. Und doch gehört der Tod zum Leben dazu. Das Mädchen geht offensichtlich davon aus, dass ihre Mutter im Himmel weiterlebt. Und dass sie gerne Muffins isst und sich den holen wird, den ihre Tochter ihr aufs Grab legen möchte.

Als Christ glaube ich im Grunde dasselbe. Ich glaube, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Dass es nach dem Tod weitergeht. Dass wir dann bei Gott existieren. In welcher Form auch immer. Das kleine Mädchen hat mir das auf ihre eigene Art klargemacht. Und dafür bin ich ihr dankbar.