Müde

Wer heute müde wird, der hat dagegen Mittel:
– die Alten die Kraft der zwei Herzen,
– die Mittleren ein Fitness-Wochenende, aktiv und belebend mit Sauna, Stretching und was weiß ich noch,
– die Jungen, die zwanzig Stunde tanzen sollen schieben sich Spezial Drinks und ab und an auch mal eine kleine Pille ein.
Müde, kraftlos sein? Das ist out, und wer sich hängen lässt, ist krank: Kopf hoch, frisch gelächelt, es wird schon gehen! Klaps auf die Schulter: „Sieh‘ mich an, (sagt der dynamische Mittdreißiger), 60 Stundenwoche, Frau, zwei Kinder, ein neuer Wagen, gehst du mal mit squaschen?“
Die Welt gehört den Nimmermüden. Nur wie lange? Die Kehrseite der Medaille, darüber hört man weniger:
– der junge Fernsehtechniker, Stürmer in der heimischen Fußballmannschaft, begnadet auch im Umgang mit dem Bierglas, tausend Frauen, wenn er möchte: und dann ein Hirnschlag mit 32 Jahren;
– die Frau von 35 Jahren mit zwei Kindern, einem stressigen Halbtagsjob und einem Ehemann, der im Haushalt keinen Finger krümmt: die kann gar nicht so viel schlafen, wie sie müde ist.
Es ist befreiend, sich zu sagen: „Du darfst müde sein. Ruh dich aus. Du bist nicht krank, im Kopf oder Körper, noch nicht, du bist müde. Du kannst jetzt nichts. Du bist jetzt kraftlos. Das hat Gründe. Denn – warte eine Weile, und Kräfte wachsen wieder nach wie bei einem Strauch, den man zurückgeschnitten hat.“
Paradoxe Erfahrung: in der nachlassenden eigenen Kraft, auch da ist die Kraft Gottes mit einem. Gott gibt dem Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden.
So heißt es in der Bibel beim Propheten Jesaja.