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Moralischer Kompass

Harrison Ford wird im neuesten Indiana-Jones-Film digital 30 Jahre jünger gemacht. Indien entwickelt weitgehend unbemerkt seit 2013 Kampfroboter, die wie menschliche Frontsoldaten Freund und Feind unterscheiden können. Elon Musk lässt nicht nur seine Tesla Autos ohne menschliche Hände am Lenkrad fahren, seine Firma Neuralink entwickelt das „Gehirn der Zukunft“, in das ein Chip als Schnittstelle zu Computern hineingepflanzt wird. Das kenne ich aus Science-Fiction-Filmen wie „I Robot“, „Matrix“ oder „Terminator“. Schon in diesen utopischen Filmen werden die Konflikte dargestellt, die entstehen, wenn intelligente Maschinen auf mehr oder weniger intelligente Menschen stoßen. Tödliche Konflikte.

Diese Konflikte sind nun im Hier und Jetzt angekommen, sind ganz real: bremst das Tesla Auto – wenn es sich entscheiden muss – für den Mann mit Rollator und überfährt dafür die Frau, die nur Augen für ihr Handy hat? Oder umgekehrt? Und warum? Nach welchen Kriterien? Nach welchem „moralischem Kompass“?

IT-Spezialisten der Universität des Saarlandes sagen: es ist dringend notwendig, den Systemen Künstlicher Intelligenz (KI) Moral und Anstand beizubringen. Bisher ging es den Programmierern nur um Effektivität und Schnelligkeit, technische Fragen also. Nun wollen die Saarbrücker Informatiker in einem Forschungsprojekt die Künstliche Intelligenz mit einem moralischen Kompass ausstatten, der klar zeigt: da geht’s zum Guten, Richtigen – und da zum Bösen, Schlechten.

Als Mann der Kirche müsste ich jetzt eigentlich sagen: dafür sind wir zuständig. Also für die Inhalte, nicht die technische Umsetzung. Schließlich ist das die Kernkompetenz aller Religionen: ethisch-moralische Regeln zu entwickeln, zu begründen und zu vermitteln. „Moralischer Kitt“ der Gesellschaft seien die Kirchen, hat mal jemand gesagt. Nun, der Kitt fliegt derzeit aus allen Ritzen, die Kirchenaustrittszahlen zeigen das. Wer im Missbrauchs-Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Der moralische Zeigefinger zeigt derzeit auf meinen Laden, da tue ich mich schwer, anderen moralische Vorhaltungen zu machen. Deshalb nur so viel: ein klarer Kompass – das wird schwierig. Da debattieren wir Frauen und Männer der Kirche schon Jahrhunderte drüber. Die Magnetfelder, nach denen sich so ein „moralischer Kompass“ ausrichtet, die wechseln immer wieder und müssen ständig neu justiert werden.

Ich finde es gut, dass jetzt Informatiker selbst merken: höchste Zeit für sowas, diese künstlichen Gebilde werden immer intelligenter und damit immer mächtiger und bestimmender für das Leben von uns Menschen. Nicht nur Menschen können gewissenlos handeln sondern auch vermeintlich objektive Künstliche Intelligenz. Und wer weiß? Vielleicht lehren uns irgendwann Maschinen, was Moral und Anstand ist? Naja, da sei Gott vor 😉

 

Der Link zur Mediathek: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=129163