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Mit Hochachtung

Wer Dresden besucht, das wiedererstandene „Elbflorenz“, sollte nicht versäumen, einen Abstecher nach Pillnitz zu machen. Nur wenige Kilometer flussaufwärts liegt nämlich die frühere Sommerresidenz der sächsischen Könige, im Schlosspark an der Elbe: einfach nur schön.

Und wer es kann, sollte den Besuch möglichst ins Frühjahr legen; denn dann ist die Blütezeit der sogenannten „Pillnitzer Kamelie“ – einer wahrhaft exotischen Baumschönheit. Im März und April ist sie übersät mit Tausenden von dunkelroten Blüten. Sie trägt sie wie Glocken. In der Symbolsprache der Blumen stehen diese Blüten für Hochachtung – besonders vor dem weiblichen Geschlecht. Und das wohl nicht erst seit dem literarischen Denkmal, das ihr Alexandre Dumas mit seinem Roman „Kameliendame“ gesetzt hat. Der Stoff wurde oft verfilmt und auch für die Bühne bearbeitet, bis hin zu Giuseppi Verdi’s Oper: „La Traviata“.

Gepflanzt wurde die Pillnitzer Kamelie, die botanisch zur Familie der Teestraugewächse gehört, vor über zweihundert Jahren. Carl Peter Thunberg, der seinerzeit berühmte Naturforscher aus Schweden, soll die asiatische Teepflanze mit ihren vielen roten Blüten von Japan nach Europa gebracht haben.

Thunberg?! Richtig! Dieser Mann hieß so wie heute Greta Thunberg, die junge Aktivistin für den Klimaschutz. Auch sie stammt ja aus Schweden. Dort ist der Name Thunberg allerdings nicht selten. Ob die beiden miteinander verwandt sind? Das weiß ich nicht. Aber wenn auch nicht blutsverwandt, so doch geistesverwandt.

Und das ist oft mehr.

Jedenfalls: Was die beiden Namensverwandten über Jahrhunderte miteinander verbindet, das ist ihre große Liebe zur Natur und ihr unbeugsamer Wille, entsprechend zu leben: also naturgemäß. Meine Hochachtung allein schon davor!

Und mehr noch: Ihre leidenschaftliche Liebe zur Natur hat viele andere angesteckt. So ist die Pillnitzer Kamelie dank gärtnerischer und technischer Kunst bis heute für viele eine Attraktion geblieben. Von Anfang an wurde sie im Winter abgedeckt, anfangs noch mit Stroh und Bastmatten, später mit Holzhäusern, die auf komplizierte und mühevolle Weise auf- und abgebaut, sowie beheizt werden mussten.

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts dann die Katastrophe. Das hölzerne Kamelienhaus geriet im Winter durch Überhitzung in Brand. Aber die Kamelie selber überlebte; denn das Löschwasser gefror bei minus zwanzig Grad Celsius sofort zu einem Eismantel, der sich überall schützend um sie legte. Und wirklich, noch im selben Frühjahr trieb sie wieder aus als wäre nichts gewesen. Bei guter Pflege ist sie halt eine wahre Überlebenskünstlerin.

Heute ist die Pillnitzer Kamelie nahezu zehn Meter hoch, hat einen Durchmesser von fast elf Metern und einen Umfang von über dreißig. Sie hat ein fahrbares Schutzhaus aus Glas – ein wahres Wunderwerk der Technik, geregelt durch einen Klimacomputer.

Ich finde es erstaunlich, was für ein riesiger Aufwand für diesen einen Baum betrieben wird. Ob Carl Peter Thunberg das jemals für möglich gehalten hätte? Wohl kaum. Aber gefreut hätte es ihn bestimmt.

Die Pillnitzer Kamelie ist eben ein Stück bewahrter Schöpfung, und in der Schönheit ihrer Blüte auch aller Mühe wert. Und Greta Thunberg, die junge Klimaaktivistin. – so denke ich – würde dem wohl zustimmen.

Ich denke mit Hochachtung an die Beiden aus Schweden: An Carl Peter Thunberg damals und auch an Greta Thunberg heute.