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Menschen, die Jogginganzüge tragen

‘Menschen, die Jogginganzüge tragen, leiden an einem Kontrollverlust über ihr Leben‘ hat Karl Lagerfeld, der Modeschöpfer einmal gesagt.

Klar, der will andere Kleidungsstücke verkaufen als ausgerechnet Jogginganzüge. Hinzu kommt: Lagerfeld ist nicht nur ein Snob, sondern auch ein Schönling, der immer nur als Kunstwerk seiner selbst herumläuft. So will ich nicht leben. Und ich finde es auch anmaßend, einfach so über andere Menschen herzuziehen und ihre Art, sich zu kleiden.

Aber nichtsdestotrotz: Lagerfeld regt mich mit seinem Satz dazu an, mich selbst im Spiegel zu betrachten und dann nachzudenken, wie ich auf Menschen wirken will; welchen Eindruck ich womit machen will. Er kann mir Mut machen, mich selbst kritisch anzusehen.

Für Karl Lagerfeld ist es unvorstellbar, dass jemand, der über sein äußeres Erscheinungsbild nachdenkt, in Jogginghosen rumläuft. Und ich kann mir das auch nicht vorstellen – für meine Person. Allerdings ist es für mich aber auch unvorstellbar, so rumzulaufen wie Karl Lagerfeld und auf alle Menschen so zu wirken: blasiert und eingebildet.

Ich denke, um so zu leben, dass ich mit mir selbst zufrieden sein kann, muss ich auf mich selber schauen, mich an meine eigene Nase fassen und dann tun, was ich für richtig halte. Allerdings – und das ist das Entscheidende: Auch wenn meine modischen Maßstäbe für mich genau passen, sind sie doch unpassend, wenn ich daraus eine Leitlinie für alle Menschen machen will. Auch wenn ich manchmal denke, dass zum Beispiel der Freizeit- und Camping-Look nicht passt, wenn Menschen ins Theater oder ins Museum oder in die Kirche gehen.

So verschieden, wie Gott uns Menschen gemacht hat, ist auch unser ästhetisches Empfinden. Deshalb widerspreche ich Karl Lagerfeld an diesem entscheidenden Punkt: Menschen, die Jogginganzüge tragen, haben nicht die Kontrolle über ihr Leben verloren. Sie haben bloß einen anderen Geschmack als ich. Und der betrifft zunächst mal nur ihr Äußeres, sprich: die Oberfläche. Darunter ist noch etwas anderes. Und selbst dann, wenn andere mal wieder unpassend angezogen sind und die sagenumwobenen Tennissocken in Sandalen tragen, bleibt ein Satz aus der Bibel gültig: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.