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Mein Ehering

Die meisten tragen ihn rechts, manche – so wie ich – tragen ihn links. Ich meine den Ehering.  Meiner ist mittlerweile schon zwölf Jahre alt und das sieht man ihm auch deutlich an. Er hat nämlich ziemlich viele Schrammen und Kratzer. Aber auch als er noch nagelneu war, haben ein paar Leute gedacht, er sei beschädigt. Denn er ist nicht komplett geschlossen. In ihm fehlt ein Stück. Die Lücke ist zwar nur circa zwei Millimeter breit, aber trotzdem deutlich zu sehen. Und zwar völlig gewollt. Gleich bei mehreren Freunden von uns hat das damals aber für große Verwirrung gesorgt.

“Den könnt ihr doch nicht als Ehering nehmen! Der hat ja eine Lücke“, haben Sie gesagt.

“Ja, und?”, hab ich ehrlich überrascht geantwortet.

“Naja, ein Ehering muss doch geschlossen sein. Nur dann hat er doch keinen Anfang und kein Ende. Und nur so kann er doch ein Symbol für die Unendlichkeit sein. Und darum geht’s doch bei ‘nem Ehering. Der soll so unendlich sein wie die Liebe des Paares.”

Hmm, eigentlich eine völlig einleuchtende Begründung, finde ich. So gesehen ist ein Ring wirklich ein schönes Symbol für eine Liebe, die nie aufhört. Und trotzdem haben meine Frau und ich uns damals ganz bewusst für einen Ehering mit Lücke entschieden. Denn auch so ein Ring kann etwas symbolisieren. Nämlich: nichts, was Menschen tun, ist perfekt. Auch das Zusammenleben in einer Ehe nicht. Ich glaube, dass wir immer darauf angewiesen sind, dass Gott sein Teil zum Gelingen beiträgt. Dass er – um im Bild des Rings zu bleiben – sein Stück in die Lücke einfügt. Ich persönlich finde das entlastend. Denn das heißt ja auch: Ich muss mich nicht immer um alles kümmern. Ein kleines Stück darf ich immer abgeben. Auch in der Beziehung! In der Hoffnung, dass ich meinen Ehering mindestens noch weitere zwölf Jahre tragen kann.