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Lotta und der Schweinsbär

Als Kind habe ich sie geliebt: Lotta aus der Krachmacherstraße. Das wilde, dickköpfige Mädchen aus der Feder der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren. Lotta, die immer einen Bären dabeihat, der keiner ist. Eigentlich ist er ein rosarotes Stoffschwein. Aber Lotta sagt Teddy dazu. Als ihr Bruder sie eines Besseren belehren will, antwortet Lotta: „Es ist ein Schweinsbär! So ist das!“

Ich habe so ein ähnliches Tier wie Lotta, zumindest was den Namen angeht. Meins ist ein Schweinehund. Der findet schönes Wetter besser als Hausputz und faulenzt lieber auf dem Sofa, als die Steuererklärung zu machen. Der Schweinehund ist ein Eigentlich-Tier. So nenne ich ihn. Er hält mich ab, wichtige Dinge zu tun und erinnert mich gleichzeitig an sie: „Eigentlich wollte ich doch…“ Und dann bekommen all die schönen Dinge einen Beigeschmack: Sie schmecken nach schlechtem Gewissen.

Wie gerne würde ich den Schweinehund umtauschen gegen einen Schweinsbär. Erstens klingt das schöner. Und zweitens, und das ist das Gute, sind Schweinsbären keine Eigentlich-Tiere. Sie halten niemanden von den vermeintlich wichtigen Dingen ab. Stattdessen lassen sie einen lauter schöne Dinge ohne Sinn und Zweck tun: Eis essen, Spazieren gehen, lange ausschlafen. Und das ganz ohne Eigentlich. Ohne schlechtes Gewissen.

Ich glaube, jeder Mensch braucht so einen Schweinsbären. Man darf ihn natürlich auch anders nennen. Achtsamkeit, Work-life-Balance oder was einem sonst in den Sinn kommt. Denn im Kern meint das alles dasselbe: Sei gut zu dir selbst. Werde dein Freund, deine Freundin. Gönn‘ dir was. Genieße. Oder eben: Leg‘ dir einen Schweinsbären zu.