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Losen

Soviel Wahlkampf war selten. Zumindest im Saarland haben wir‘s jetzt hinter uns. Es ist gewählt. Und wie immer jubeln die einen und die andern sind unzufrieden. Und dann gibt’s noch die, denen es egal ist, wer eine Wahl gewinnt: „Eh alles das Gleiche“, sagen sie. „Statt zu wählen könnte man auch losen.“

Also: In der Bibel wurde genau das gemacht. Als die Stämme im  alten Israel sich dafür entschieden hatten, einen König einzusetzen, da wurde der gelost. Das Los fiel auf Saul, den Sohn des Kisch. Und nachdem Judas sich das Leben genommen hatte, weil er nicht damit fertig wurde, dass er Jesus verraten hatte – da wurde aus zwei geeigneten Bewerbern Matthias als sein Nachfolger ausgelost. So ein Los wurde als Gottesentscheid verstanden.

Demokratisch ist das natürlich nicht. Erstaunlich finde ich aber schon, dass solche Losentscheidungen sich oft als ganz gut erweisen. Saul jedenfalls war als König weit besser als sein Ruf. Er hatte nur (wir können’s in der Bibel nachlesen) eine furchtbar schlechte Presse. Und über den Apostel Matthias habe ich auch nie Klagen gehört. Hinzu kommt, dass Losentscheidungen zumeist vergleichsweise klaglos akzeptiert werden. Ist dann halt so.

In manchen Wissenschaften wird übrigens ganz bewusst mit Zufällen gearbeitet. Anders gesagt: Da wird gelost. In der algorithmischen Mathematik beispielsweise. Das macht dann unsere Computer schneller. Warum also nicht öfter mal losen?

Nein, natürlich bin ich nicht dafür, die saarländische Ministerpräsidentin auszulosen. Und auch sonst möchte ich keine Wahl durch einen Losentscheid ersetzen. Wahlen sind das Herzstück der Demokratie. Aber für alle anderen Bereiche möchte ich Ihnen zum Schluss eine Frage mitgeben: Wie lange muss man sich mit einer Entscheidung herumquälen, bevor man sie durch das Los entscheiden darf?