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Liebe, die lächelt

„Moin, und wie geht’s heute morgen?“ so begrüßt die Bäckersfrau den jungen Mann vor mir an ihrem schlichten Brötchenthresen. „Ach, weisste, die Arbeit, immer dies frühe Aufstehen“, weiter kommt der Mann mit seiner stöhnenden Antwort nicht, denn fröhlich bekommt er zurück: „Musste machen wie ich: ich hab mein Leben lang Urlaub, ich muss mir nur jeden Tag ne Beschäftigung suchen.“ Alle, die mit mir in der Schlange stehen, müssen lachen – es ist kein Auslachen, eher ein  liebevolles Lachen über die pfiffige Antwort dieser Bäckersfrau, die bestimmt keinen erholsamen Alltag bei ihren Arbeitszeiten hat.

Dieses kurze Gespräch, das ich im Urlaub hören durfte, bewegt mich immer noch. Auch jetzt, wo der Arbeitsalltag mich längst wieder gefangen hat: Wie viel Liebe zu ihrem Tagewerk diese Bäckersfrau ausgedrückt hat! Wie fest gegründet sie auf ihrem Platz im Leben steht, um so antworten zu können! Und wie klar der junge Mann von ihr erfährt, worauf es ankommt: auf die tägliche Beschäftigung, ohne die das Leben arm und nicht erträglich wäre.

Es tut gut, solchen Menschen zu begegnen. Menschen, die ganz klar die rechten Worte finden und sie so aussprechen, dass es einen Grund zum Schmunzeln gibt. Wenn ich an diese Bäckersfrau denke, dann höre ich im Nachklang das Bibelwort: „nun aber bleiben: Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Die Liebe aber ist die größte unter ihnen.” Bisher hatte ich das Wort von der übergroßen Liebe immer für einen Kirchensatz, einen frommen Hochzeitswunsch oder ähnliches gehalten. Aber die Liebe, die größer ist als alle Alltagssorge und Arbeitsbelastung hat eben auch in diesem  Bäckerladen Raum. Die Frau hat schon früh morgens am Brötchenthresen nicht nur dem jungen Mann sondern auch den Mithörenden gesagt: die Liebe ist offenbar so groß, dass sie reicht, um den eigenen Alltagsplatz voll auszufüllen. Sie braucht weder ihren Stress noch die Ungemach des durchaus anstrengenden Alltags zu betonen. Vielmehr ist sie dankbar für das Tagewerk, das sie tut.

Mir hat die Bäckersfrau damit nicht nur die Brötchen für den Ferientag gegeben, sondern auch die lächelnde Liebe. Sie ist die größte Gabe, um das Leben gerade im Alltag voller Glauben und Hoffnung zu meistern.