Langer Ton

Haben Sie manchmal auch das Gefühl, nicht genug für jemanden getan zu haben? Ich kenne das gut. Da habe ich nichts gemacht, obwohl mich jemand dringend gebraucht hätte. Schon mal aus Unachtsamkeit, aber auch vor Erschöpfung, wenn ich zum Beispiel am Krankenbett von jemandem gewacht habe.
So ist es den engsten Freunden von Jesus gegangen. Die sind eingeschlafen, wird in der Bibel erzählt, obwohl Jesus sie gebeten hat, mit ihm zu wachen.
„Okay. Muss ich das also einfach so akzeptieren?“ Das frage ich meine beste Freundin.
„Manchmal schon,“ antwortet sie, „wenn Du nur auf Dich schaust. Aber denk mal an einen Chor, der einen langen Ton zu singen hat.“
Ich bin irritiert: „Was haben der Chor und der lange Ton damit zu tun?“
„Naja, den langen Ton könnte niemand alleine singen. Das geht nur, weil sich die Sängerinnen und Sänger abwechseln, beim Singen und beim Luftholen. Es kommt auf jeden einzelnen an, aber am Ende klingt es nur im Miteinander.“
Jetzt kann ich mit dem Vergleich etwas anfangen. Und denke an Menschen, die sich in der Nachbarschaft, der Telefonseelsorge, der Hospizhilfe und in vielen anderen Bereichen engagieren. Ja, die helfen, den langen Ton zu halten, wenn mal jemand eine Ablösung bei der Sorge um andere braucht.
Mal helfe ich, mal helfen andere. Ein schönes Bild! Das macht mir Mut, mir helfen zu lassen, wenn meine Grenze erreicht ist. Und es fordert mich auf, anderen Hilfe anzubieten. Vielleicht hilft es Ihnen auch.