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Koffer packen

„Am liebsten würde ich meinen Koffer packen und verschwinden!“ Eine Freundin hat das zu mir gesagt. Vor genau einem Jahr. Einen Tag vor dem Ewigkeitssonntag, im Volksmund auch Totensonntag genannt.  Die Freundin hatte im vergangenen Jahr einen Todesfall in der Familie. Entsprechend düster und traurig war ihre Stimmung. Dazu dann noch das Wetter: Nebel, Regen, Dunkelheit – es gibt wirklich angenehmere Zeiten im Jahr.

„Am liebsten würde ich meinen Koffer packen und verschwinden!“ Dieser Satz bringt mich zum Nachdenken. Ich fange an, zu überlegen, was ich eigentlich in meinen Koffer packen würde. Wenn ich auf eine Reise ginge. Und zwar nicht auf irgendeine, sondern – passend zum Ewigkeitssonntag morgen – auf die letzten Reise. Jene Reise, die wir alle einmal antreten müssen und von der wir nicht wissen, wann sie ansteht. Jene Reise, die vor allem das Leben derer, die zurückbleiben müssen, verändert und völlig auf den Kopf stellt. Jene Reise, von der wir wissen, dass wir sie alle irgendwann einmal antreten müssen, die wir aber nicht planen können. Und das macht alles ja so schwierig. Doch was wäre wenn… Wenn ich nicht völlig überrascht werden würde, sondern planen könnte. Ich bräuchte Reisegepäck, auf alle Fälle. Einen Koffer, Sachen, die mir lieb sind … Und so fange ich an, meinen Koffer für die letzte Reise zu Gott zu packen. Das ist gar nicht so einfach, kann ich Ihnen sagen. Es ist ja nur ein Koffer, der Platz also ist beschränkt. Was kann ich denn mitnehmen, was kann ich tragen, was ist mir wichtig?

Ein Photo nehme ich mit. Das Photo der Hochzeitsgesellschaft von meiner Frau und mir. Darauf sind all die Menschen, die mir wichtig sind: meine Frau, meine Eltern, Schwiegereltern, ja, und auch meine bereits gestorbenen Großeltern. Menschen, mit denen mich große Gefühle verbinden.

Auch einen mp3-Player packe ich ein. Mit ganz viel Musik darauf. Liedern, die mich in meinem Leben bis hierhin begleitet haben. Zu denen ich getanzt und bei denen ich geweint habe. Pink Floyd und Johnny Cash wären da zum Beispiel auf jeden Fall dabei.

Dann nehme ich noch ein schönes Buch mit. „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende – das ist eine schöne Lektüre. Wandern zwischen der Welt und Fantasien. So wie ich hier auch immer wieder zwischen den Welten wandere: privat und dienstlich, froh und traurig, lustig und besonnen.

Der Platz im Koffer – so langsam wird er immer weniger. Also muss ich mich beschränken, genau nachdenken, was ich noch mitnehmen möchte. Tja, die Bibel natürlich. Nicht nur berufsbedingt, sondern auch, weil sie ein Buch ist, das wie ein Reiseführer jene letzte Reise beschreibt. Dort wird berichtet von dem, was uns am Ende der Reise erwartet: Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. (Offb 21,1.3-4) – Ein unverzichtbarer Schatz.

Dann ist der Koffer gepackt! Jetzt kann die letzte Reise kann. Aber  schon wenig später kommen die ersten Zweifel. Ist das wirklich alles, was ich mitnehmen möchte? Gibt es vielleicht noch mehr, was ich brauche auf dieser Reise? Oder habe ich eventuell viel zu viel Gepäck dabei? Hmm, mal sehen. Im Koffer ist das, was mir momentan wichtig ist, was ich heute einpacken würde. Morgen oder irgendwann in der Zukunft kann das auch anders aussehen.  Und vielleicht werde ich diesen Koffer auch irgendwann wieder auspacken. Nicht, weil ich jene letzte Reise nicht antreten muss, sondern weil ich im Grunde meines Herzens weiß, dass ich eigentlich nichts brauche. Bei Gott wird alles vollständig sein. Ein Ort, an dem ich willkommen bin, an dem alles heil und gut ist, warm und geborgen, ein Ort, an dem ich erwartet werde – wann, ich weiß es nicht.

„Am liebsten würde ich meinen Koffer packen und verschwinden!“ Ich hoffe, dass es bis zu meiner letzten Reise noch ein bisschen dauern wird. Aber schon jetzt ist es gut zu wissen, dass ich mich so oder so um nichts kümmern muss.