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Jona am Ende des Lockdowns

Der Prophet Jona ist mal von einem Wal verschluckt worden. So steht’s in der Bibel. Und Jona hat im Bauch des Wals gesessen, bis der ihn irgendwann wieder an Land gespuckt hat.

Ja, ich weiß auch, dass das biologisch nicht möglich ist. Die Geschichte kann so nicht passiert sein. Okay. Es ist ein Bild, eine Metapher, aber eine sehr gute. Sie passt zu uns. Jona war weggeschlossen, isoliert, im Lockdown. Er hatte Zeit, nachzudenken. Gott hat gewollt, dass er Missstände in Ninive, einer Großstadt, endlich anspricht. Missstände, von denen es heute auch noch viele in Großstädten gibt: Stadtteile, in denen große Bevölkerungsanteile völlig abgehängt sind: sprachliche Barrieren machen Bildung fast unmöglich. Hinter vielen Türen vereinsamte alte Menschen und lebensuntüchtige junge. Mietenexplosion durch Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften, Feinstaub und Lärm. Ganz zu schweigen von den Ungerechtigkeiten außerhalb der Stadt. Dem Hunger im Süden. Der Zerstörung der Umwelt, dem menschengemachten Klimawandel mit Dürren und Überschwemmungen.

Gott hat gewollt, das Jona Missstände anspricht und ändern hilft. Aber Jona hatte keine Lust. Er will seine Ruhe. Spanien wäre schön, denkt er. Tarschisch hinter der Straße von Gibraltar. Da will er hin.

Aber dann kommt der Sturm. Pandemie. Alles kracht und knackt. Jona hat erstmals selber Angst um sein Leben und seine Zukunft. Der Lockdown im Fischbauch rettet ihn. Nun ist der aber auch beendet. Jona steht am Strand. Er sieht es ein: Es geht so nicht weiter. Jona geht los.