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Jain

„Ja, ich will“. Das hat der Bräutigam letzte Woche in meiner Kirche zu seiner Braut gesagt. Gut, hätte er „Nein“ gesagt, hätte mich das als Pfarrer auch echt ins Schwitzen gebracht. Aber gerade am Anfang, wenn man noch über beide Ohren wirklich verliebt ist und die große Hochzeitsfeier draußen wartet, dann ist „Ja“ zueinander zu sagen im Grunde doch gar nicht so schwer.

Dieses „Ja“ dann aber auch ein ganzes Leben lang durchzuhalten, das ist dann schon deutlich schwieriger. Und manchmal sogar einfach unmöglich. „Liebe ist ein großes Haus, man darf nicht im ersten Zimmer stehen bleiben“ sagt ein altes Sprichwort. Und irgendwann lernt der Partner oder die Partnerin dann auch noch die letzten gut versteckten Geheimnisse im letzten Winkel des Dachbodens kennen. Dieses „Ja“ vom Anfang dann immer noch aufrecht zu halten, dass ist dann wirklich eine Lebensaufgabe.

„Ja“ und „Nein“, im Grunde ja nur wirklich nur zwei kleine Worte, die aber alles auf den Kopf stellen können. Wenn ich nämlich in einer bestimmten Situation von ganzem Herzen auf ein „Ja“ hoffe, dann kann mir das „Nein“ einem wirklich den Boden unter den Füßen wegziehen. Und umgekehrt: Wenn ich hier und da ganz fest schon mit dem „Nein“ rechne, dann schenkt mir das unverhoffte „Ja“ plötzlich eine ganz neue Perspektive.

In der Bibel heißt es: „Sagt einfach Ja oder Nein, jedes weitere Wort aber bringt nichts.“ Und es stimmt: Wenn das Brautpaar aus meiner Kirche abends mal zusammen auf dem Sofa sitzt und er sie oder sie ihn fragt: „Sag mal, hast du mich eigentlich noch lieb?“ Dann ist „Jain“ definitiv die falsche Antwort.