Ich bin ein Huhn

„Ich bin ein Huhn, und du?“, fragt mich die Vierjährige, als wir gemeinsam auf den Beginn des Kindergartengottesdienstes warten. Sie hat sich für ihren Auftritt als Huhn verkleidet, ich für meinen den Talar angezogen. „Ich bin Diakonin.“ antworte ich ihr. Darauf sie: „Ah, okay.“ Und dann plaudern wir ein wenig weiter und unser Lampenfieber ist weg. Es braucht keine Erklärungen für unsere Verkleidungen. Es ist ganz selbstverständlich, sich mal in das eine oder die andere optisch zu verwandeln. Aber, um ins Gespräch zu kommen, dazu mussten wir uns beide überhaupt erstmal wahrnehmen, und miteinander sprechen, ein Interesse aneinander haben.
Ich erlebe überall Köpfe über Bildschirmen, Leute, die beim Fortbewegen, egal mit was, sogar noch währenddessen, in Smartphones starren. Mich hat dieser kleine Mensch nicht losgelassen. Reden Menschen noch, besonders mit Fremden? In Wartezimmern, in Warteschlangen, wenn sie frei haben? Interessieren sie sich für verkleidete Hühner und Menschen der Kirche? Vielleicht sollte es zu allen Sprachkursen auch noch Sprechkurse geben, dann klappt auch die Frage: „Ich bin ein Huhn, und du?“